Auch in der Schweiz macht man die steigenden Medikamentenkosten für die Kostenexplosion im Gesundheitswesen verantwortlich. Sparmaßnahmen sind an der Tagesordnung. Nun wird in einem Bericht Apotheken und Pharmagroßhandel vorgeworfen, entsprechende Bemühungen zu torpedieren. Stattdessen wollten sie den Vertrieb für Medikamente massiv verteuern.
Aktuell befindet sich eine Verordnungsänderung beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) in der Vernehmlassung, was dem deutschen Stellungnahmeverfahren entspricht. Es geht um eine Anpassung der Zuschläge auf Medikamente, wobei vor allem der Vertriebsanteil gesenkt werden soll. Mögliche Einsparungen werden auf rund 50 Millionen Franken beziffert.
Doch es hätten auch mindestens 147 Millionen Franken sein können. Das berichtet die Sonntagsausgabe des Schweizer Blick. Nach Informationen der Zeitung hätten Pharmagroßhändler mit Unterstützung der Apotheker beim BAG erwirkt, dass sie statt 4,5 künftig 7 Prozent auf die Preise draufschlagen dürfen. Einer der Gründe, mit denen sie ihre Forderung untermauerten, sei, dass die Medikamentenpreise ab Fabrik stark gesunken seien. Darum bräuchten sie eine höhere Marge, um die Kosten für ihre Logistik zu decken.
Diese Argumentation bezeichnete der Krankenkassenverband Santésuisse im Bericht als „Humbug“. In Deutschland betrage die Marge bloß 3,15 Prozent. Es gebe keinerlei Rechtfertigung dafür, dass die Logistik alleine so viel koste. „Die Transportkosten sind in den letzten Jahren eher gesunken als gestiegen“, ließ der Verband verlauten und rechnete vor, dass der Betrag zugunsten des Großhandels genau um jene 100 Millionen steigen werde. „Auf Kosten der Prämienzahler wird Geld verdient – ohne Mehrleistung zu bieten“, sagen die Krankenkassen.
„Generell sind wir bei Margen der Überzeugung, dass diese betriebswirtschaftlich hergeleitet werden müssen – und nicht wie oft im Gesundheitswesen – willkürlicher Sparwille sein dürfen“, teilte Pharmasuisse auf Nachfrage mit. Ansonsten wirke sich dies nicht nur existenzbedrohend auf die Apotheken aus, sondern gefährde die Grundversorgung. Vergleiche mit dem Ausland sind nach Auffassung des Verbandes dagegen wenig zielführend.
„Das BAG muss die betriebswirtschaftliche Herleitung der Vertriebsmarge gemäß den Vorgaben des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung machen“, sagte Pharmasuisse-Präsident Fabian Vaucher. Da die Vertriebsmarge auch die Kosten der Großhändler beinhaltet, seien die Leistungserbringer wie Krankenhäuser, Ärzte und auch Apotheken angefragt worden, wie hoch diese Kosten seien. Da Pharmasuisse über derartige Zahlen nicht verfüge, sei die Anfrage an den Großhandelsverband Pharmalog weitergeleitet worden, erklärt er.
Doch auch Pharmalog habe aus Gründen des freien Wettbewerbs keine detaillierten Angaben machen können, da die Mitglieder in direkter Konkurrenz stünden. Eine Preisvorgabe würde die Wettbewerbskommission auf den Plan rufen. „Von einer Verteuerung der Produkte kann keine Rede sein“, betonte Vaucher. „Kalkulatorisch wurden jedoch die Parameter für die Berechnung des Ansatzes neu gesetzt.“ Pharmasuisse kündigte an, zusammen mit verschiedenen Partnern an einem alternativen Konzept zudem vom BAG vorgeschlagenen Modell zu arbeiten. Bis Mitte Dezember können die wichtigsten Player im Gesundheitswesen noch Stellung zu der Verordnungsänderung beziehen.
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