In Bulgarien hat der Chef des Pharmagroßhändlers Commercial League, Tihomir Kamenov, schwere Vorwürfe gegen die Regierung erhoben. In einem Brief an EU-Justizminister Jacques Barrot beschuldigt Kamenov Gesundheitsminister Dr. Emil Raynov und andere leitende Regierungsbeamte, Bestechungsgelder von umgerechnet 2,8 Millionen Euro pro Monat zu erpressen.
Commercial League ist einer der führenden Großhändler in Bulgarien, der allerdings in den vergangenen Jahren erheblich an Marktanteilen verloren hat, vor allem im Bereich der Krankenhausbelieferung. Dafür macht der Firmenchef nun die Regierung mitverantwortlich: Seitdem man die Zahlung von Schmiergeldern 2006 eingestellt habe, seien Hersteller von der Verwaltung unter Druck gesetzt worden, ihre Produkte nicht mehr über Commercial League zu vertreiben. In der Folge habe das Unternehmen 1000 Apotheken als Kunden verloren, entsprechend 4 Prozent Marktanteil.
Kamenovs Vorwürfe haben einen weiteren Anlass: Zum Firmenimperium, das der Unternehmer 1991 gegründet hatte und heute aus der Schweiz verwaltet, gehören neben einem Pharmahersteller und einer Apothekenkette auch kardiologische Fachkliniken. Für diese hatte Kamenov keine Kassenzulassung erhalten; den Behörden zufolge wegen nicht erfüllter Auflagen. In der Version des Unternehmers ist dagegen von nicht bezahlten Bestechungsgeldern die Rede.
Der Streit wird mittlerweile in der Öffentlichkeit ausgetragen: Während Kamenov in großformatigen Werbeplakaten gegen die Regierung mobil macht, kündigte diese eine Untersuchung der Aktivitäten von Commercial League an. Das Unternehmen war seinerseits in der Vergangenheit beschuldigt worden, mit überhöhten Abrechnungen den nationalen Gesundheitsfonds betrogen zu haben.
Sein sechsseitiges Beschuldigungsschreiben soll Kamenov einem Bericht des „Herald Tribune“ zufolge Barrot persönlich beim Weltwirtschaftsforum in Davos übergeben haben. Wie bulgarische Medien berichten, hat die Kommission mittlerweile reagiert und von der Regierung in Sofia eine Stellungnahme erbeten.
Erst vor wenigen Tagen hatte die EU-Kommission in einem Bericht erneut von Bulgarien striktere Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung gefordert. Wegen anhaltender Korruption in der Verwaltung waren der Schwarzmeerrepublik im vergangenen Jahr Fördergelder in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro gestrichen worden.
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