Europäische Arzneimittelbehörde

Großbritannien will trotz Brexit in der EMA bleiben

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Berlin -

Das britische Parlament hat für einen Verbleib Großbritanniens in der europäischen Arzneimittelagentur EMA gestimmt. Das Vorhaben ist Teil des Weißbuchs von Premierministerin Theresa May, das einen weichen Brexit mit zahlreichen Übergangsregelungen und Kompromisslösungen vorsieht.

Mit denkbar knappen 305 zu 301 Stimmen hatten die Abgeordneten des britischen Unterhauses den Vorschlag Mays aus dem Weißbuch angenommen. Der sieht vor, dass Großbritannien zwar formell den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlässt, aber gleichzeitig eine Art erweiterte Freihandelszone mit der EU eingeht, die nur den Güter-, nicht aber den Personenverkehr umfasst. Dadurch sollen Lieferketten nicht unterbrochen und EU-Qualitätsstandards nicht überprüft werden müssen.

In hoch regulierten Branchen wie Luftfahrt, Energie, Chemie oder eben Arzneimitteln will das Königreich dem Weißbuch zufolge gegen Zahlungen weiterhin an Bord bleiben. Allerdings müsste es dafür die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in diesen Bereichen akzeptieren, wogegen es bei den Konservativen erhebliche Widerstände gibt.

In den Parlamentsabstimmungen werden noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen, sondern lediglich die Positionen geklärt, auf deren Grundlage May in Brüssel mit der EU über den Brexit verhandeln soll. Bis zu einem Ausstiegsabkommen sind jedoch noch einige dicke Bretter zu bohren, insbesondere in Fragen des Zolls und der grünen Grenze auf Irland.

Die britische Arzneimittelindustrie hat die Entscheidung des Unterhauses trotzdem schon begrüßt: „Jeden Monat importiert das Vereinigte Königreich 37 Millionen Arzneimittelpackungen aus der EU und die EU umgekehrt 45 Millionen Packungen“, so Mike Thompson, Vorsitzender des Verbands der Pharmazeutischen Industrie Großbritanniens. „Deshalb ist es unerlässlich, dass Großbritannien nach dem Brexit weiterhin Mitglied der EMA ist.“ Das Parlament habe mit seiner Entscheidung „eine klare Botschaft gesendet, dass Patienten und öffentliche Gesundheit in den Verhandlungen höchste Priorität genießen“.

Erst vergangene Woche hatte die EMA vor den möglichen Folgen eines harten Brexit für die Arzneimittelversorgung gewarnt. Die Behörde sei „ernsthaft besorgt“, dass mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU mehr als 100 Medikamente ihre Zulassung verlieren könnten und appelliert deshalb an die Hersteller, endlich zu handeln. 694 zentral zugelassene Produkte gebe es, bei denen mindestens ein unverzichtbarer Bestandteil im Vereinigten Königreich zu verorten ist. Bei ihnen müssen Zulassungen und Anmeldungen, beispielsweise von Pharmakovigilanzbeauftragten, übertragen werden. Bei manchen Unternehmen, MSD Sharpe & Dohme zum Beispiel, laufen die Vorbereitungen bereits.

Einer EMA-Erhebung zufolge liegen jedoch 58 Prozent der Unternehmen, die auf diese Weise vom Brexit betroffen sind, im Zeitplan. Bei 108 Wirkstoffen – 88 Human- und 20 Tierarzneimitteln – gebe es „ernsthafte Bedenken, dass die notwendigen Schritte innerhalb der nötigen Fristen eingeleitet werden“. Ein in beiderseitigem Einvernehmen beschlossener Verbleib Großbritanniens in der EMA würde diesen Sorgen ein Ende bereiten.

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