Das britische Gesundheitsministerium will die Vorräte antiviraler Arzneimittel für den Fall einer Vogelgrippe-Pandemie verdoppeln, um künftig nicht mehr nur ein Viertel, sondern die Hälfte der Bevölkerung versorgen zu können. Die neue Strategie beruhe auf einem „worst-case scenario“, erklärte Gesundheitsminister Alan Johnson.
Aus Sicht des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind diese Maßnahmen unangebracht. Zwar sterbe derzeit tatsächlich etwa jeder zweite Infizierte an der Vogelgrippe, doch seien diese Einzelfälle kein Anhaltspunkt für eine Pandemie-Planung, erklärte Susanne Glasmacher vom RKI gegenüber APOTHEKE ADHOC. Sollte sich das H5N1-Virus an den Menschen anpassen, sei eine so hohe Sterblichkeitsrate nicht zu erwarten. Dies sei auch bei der SARS-Pandemie zu beobachten gewesen. Wahrscheinlicher sei, dass bei einer Grippe-Pandemie die Mortalitätsrate auf ein bis zwei Prozent sinke, erklärte Glasmacher: „Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass wir unsere Empfehlung ändern werden.“ Derzeit rät das RKI den Bundesländern zu einer Bevorratung mit antiviralen Arzneimittel für 20 Prozent der Bevölkerung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine Abdeckung von 30 Prozent.
Über die Pläne der britischen Regierung dürfte sich vor allem der Pharmakonzern Roche freuen. Der Hersteller des antiviralen Arzneimittels Tamiflu (Oseltamivir) teilte dem Ministerium bereits mit, die Produktion jederzeit wieder hochfahren zu können. Im August hatte die britische Regierung mit dem englischen Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK) einen Vertrag über die Versorgung mit einem „maßgeschneiderten“ Grippeimpfstoff getroffen. Als Teil des nationalen Pandemieplans verpflichtet sich GSK, diesen Impfstoff im Falle einer Grippepandemie so schnell wie möglich bereitzustellen.
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