Prinz Charles, Thronfolger der britischen Queen, hat für pflanzliche Heilmittel gegenüber dem damaligen Premierminister Tony Blair Lobbyismus betrieben, berichtet der „Guardian“. Das zeigten die kürzlich veröffentlichten „Black Spider“ Memos – eine Sammlung privater Briefe vom Prinzen an britische Minister. Der Einfluss des Prinzen habe möglicherweise die Einführung von restriktiven EU-Richtlinien zu Phytopharmaka in Großbritannien verzögert.
Die Zeitung „Guardian“ hatte – sich auf die Informationsfreiheit berufend – zehn Jahre vor Gericht auf die Veröffentlichung der „Black Spider“ Memos gedrängt. Die veröffentlichte Korrespondenz umfasst 27 Briefe von Prinz Charles an britische Minister und ihre Antworten an ihn. Alle Dokumente stammen aus dem Zeitraum zwischen September 2004 und April 2005.
Der damalige Premierminister Blair fragte den Prinzen in einem Brief direkt, was getan werden könne, um die Verwendung von pflanzlichen Arzneimitteln im Vereinigten Königreich voranzutreiben. Prinz Charles hatte sich ihm gegenüber beschwert, dass EU-Vorschriften dem Einsatz von Naturheilverfahren und bestimmten Pflanzenextrakten im medizinischen Bereich entgegen stünden.
Daraufhin schrieb der Prinz, er werde einen Helfer aus seiner Stiftung für alternative Heilkunde bitten, ein detailliertes Briefing zu dem Thema zu verfassen, das sich Blairs Berater dann ansehen könnten. Blair antwortete, er werde sich mit seinen Kontakten beratschlagen.
Der „Guardian“ geht davon aus, dass sich der Prinz mit seinen Ansichten zu pflanzlichen Heilmitteln auch an den damaligen britischen Gesundheitsminister John Reid gewandt hatte. Dieser Brief sei jedoch nicht veröffentlicht worden. Eine Antwort von Reid an den Prinzen dagegen schon: In dieser schreibt Reid, dass sein Ministerium die von der EU vorgeschlagenen Richtlinien zu Naturheilverfahren und alternativen Behandlungsmethoden unterstützt.
Dr. Edzard Ernst, Professor für Alternative Medizin an der Universität von Exeter, veröffentlichte nach Offenlegung dieser Korrespondenz des Prinzen einen Artikel im „New Scientist“: Er kritisierte, dass sich Prinz Charles neben den Phytopharmaka auch für Homöopathie einsetze. Doch in keiner Studie könne nachgewiesen werden, dass homöopathische Mittel wirksam seien – zumindest nicht wirksamer als Placebos. Dennoch werde die Behandlungsmethode weiterhin vom National Health Service (NHS) finanziert. Dahinter vermutet Dr. Ernst den Einfluss von Prinz Charles.
Zuletzt war Prinz Charles im Jahr 2013 verdächtigt worden, die britische Politik hinsichtlich Homöopathie beeinflussen zu wollen. Der „Independent“ berichtete, dass sich der Prinz damals mit dem Gesundheitsminister Jeremy Hunt getroffen und angeblich auch homöopathische Mittel diskutiert habe.
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