Ärzte sollen Apotheker einstellen APOTHEKE ADHOC, 13.07.2015 08:42 Uhr
Englands Arztpraxen sind voll. Um die Hausärzte zu entlasten, will das Gesundheitsministerium nun mit einem Maßnahmenpaket die Kompetenzen von Apothekern stärken. Sie sollen enger mit den Patienten zusammenarbeiten können, oder gleich als Angestellte in Arztpraxen eingesetzt werden.
7,5 Millionen Britische Pfund (rund 10,5 Millionen Euro) will die Regierung Medienberichten zufolge einsetzen, um Apothekern den Zugang zu den Gesundheitsakten von Patienten (Summary care records, SCR) zu ermöglichen. Das Einverständnis der Patienten vorausgesetzt, soll so die Zahl an Arztbesuchen reduziert und die Versorgung besser auf den tatsächlichen Bedarf der Patienten zugeschnitten werden. Die Pläne gibt es seit 2013, nun sollen sie Realität werden.
Die SCR sollen für Apotheker über ein sicheres, überwachtes System zugänglich gemacht werden. Ein Pilotversuch in 140 Apotheken war erfolgreich: 85 Prozent der teilnehmenden Apotheker stellten fest, dass sie den jeweiligen Hausarzt dank SCR seltener konsultieren mussten. In 18 Prozent der Fälle zeigte sich, dass der Zugang zu den Patientenakten auch half, Verschreibungsfehler zu vermeiden.
Der Staatsminister im Gesundheitsministerium, Alistair Burt, sagte: „Apotheker sind eine unerschlossene Ressource in unserem Gesundheitssystem. Genau wie Mediziner können sie aber helfen, den Zustand von Menschen zu verbessern, und gleichzeitig den Druck aus den Hausarztpraxen nehmen.“ Es sei also sehr sinnvoll, ihnen den Zugang zu den SCR zu ermöglichen. Man müsse den Apothekern daher die Ausbildung und die Instrumente verschaffen, die sie für die neuen Kompetenzen brauchen.
Der britische Gesundheitsminister Jeremy Hunt hatte den Apothekern diese Unterstützung im Rahmen des Maßnahmenpakets „New Deal“ versprochen. Das Geld stammt aus einem Fonds für die medizinische Grundversorgung, der insgesamt eine Milliarde britische Pfund schwer ist.
Ebenfalls Teil des „New Deal“ ist der Versuch, Fachapotheker für klinische Pharmazie in die Arbeit in Hausarztpraxen zu integrieren. Der nationale Gesundheitsdienst NHS kündigte an, ein Pilotprojekt zur Rekrutierung von geeignetem Klinikpersonal zur Unterstützung für Ärzte mit 15 Millionen Pfund zu finanzieren.
Der NHS will im ersten Jahr 60 Prozent der Kosten, die in den Hausarztpraxen für die Beschäftigung der Apotheker anfallen, übernehmen. Im zweiten Jahr sinkt der Beitrag auf 40, danach auf 20 Prozent. Der britische Hausärzteverband kündigte an, den Pilotversuch genau beobachten zu wollen.
In dem dreijährigen Projekt sollen 300 Pharmazeuten direkt in Arztpraxen angestellt sein. Insbesondere in Gebieten, wo die Hausärzte unter großem Druck stehen, verspreche man sich Erfolg von der Maßnahme.
Bis 2020 soll massiv Personal in den Hausarztpraxen aufgebaut werden. 5000 Stellen für Pharmazeuten, Mediziner, medizinische Assistenten und Pfleger sollen geschaffen werden. Die Apotheker sollen maßgeschneiderte Medikationspläne für die Patienten erarbeiten, langfristige Therapien mit chronisch kranken Patienten begleiten, Substitutionsmöglichkeiten bei defekten Arzneimitteln aufzeigen, aber auch Folgerezepte ausstellen dürfen.
Derzeit können sich Arztpraxen für die Aufnahme von Pharmazeuten bewerben. Die Entscheidung, wer an dem Pilotprojekt beteiligt wird und entsprechende Mittel zugeteilt bekommt, wird von einem Gremium getroffen, dem auch Vertreter der Health Education England angehören.