In Großbritannien könnten sich für Apotheker die Richtlinien zur Abgabe der „Pille danach“ schon bald ändern. Werden die Vorschläge des „General Pharmaceutical Council“ (GPhC) angenommen, sind Apotheker künftig angehalten, Notfallkontrazeptiva unabhängig von ihrem Glauben oder moralischen Überzeugungen abzugeben.
Geplant ist, eine entsprechende Formulierung im Verhaltenskodex für Apotheker zu ändern. Sie sieht künftig vor, dass die Versorgung von Patienten nicht durch die Religion, persönliche Werte oder Überzeugungen der Apotheker beeinflusst sein dürfe. Eine Sprecherin der Berufsaufsicht sagte, die Vorschläge rückten die Bedürfnisse der Apotheker zugunsten der Bedürfnisse und Rechte von Patienten in den Hintergrund. Die größte und erste Verantwortung eines Apothekers sei stets der Patient.
Allerdings dürften Apotheker auch künftig entsprechende Patienten an Kollegen weiterverweisen. Die neuen Richtlinien sehen lediglich vor, dass sie den Einzelfall genauer prüfen müssten. Mit welchen Konsequenzen Apotheker rechnen müssen, wenn sie sich weiterhin weigern, die Pille danach abzugeben, geht aus dem Dokument nicht hervor. Bisher sah der Verhaltenskodex vor, dass Pharmazeuten es ihrem medizinischen Umfeld mitteilen sollten, wenn ihre eigenen Werte sie davon abhalten, anderen Menschen eine bestimmte Behandlung anzubieten.
Derzeit werden die Vorschläge des GPhC noch beraten. Bis zum 7. März haben sowohl Privatpersonen als auch Organisationen die Möglichkeit, Stellung zu den Vorschlägen der aus der Apothekerkammer hervorgegangenen Aufsichtsbehörde zu nehmen. Die neuen Regeln sollen am 1. Mai in Kraft treten.
Die geplante Änderung löste bereits kontroverse Diskussionen aus. Die neuen Richtlinien könnten zu einer Verbreitung der Abtreibung beitragen, warnte die Pro-Life-Organisation „Right to Life“ in der katholischen Wochenzeitung „The Tablet“. Außerdem befürchtet die Organisation eine Diskriminierung von Gläubigen. Der Beruf des Apothekers werde durch die angedachten Regeln weiter geschwächt. Es sei eine echte Bedrohung für gläubige Apotheker: Sie könnten aus ihrem Beruf gedrängt werden, warnte ein Sprecher. Unterstützt wird diese Position von der katholischen Kirche, die die Pille danach aus Gründen des Lebensschutzes ablehnt.
Befürwortet wird die geplante Regeländerung dagegen von der National Secular Society (NSS). Im Laufe des letzten Jahrzehnts habe man wiederholt darauf hingewiesen, dass die Zahl an Fällen wachse, in denen Apotheker aus Gewissens- und Glaubensgründen sich geweigert hätten, de Pille danach an Patientinnen abzugeben.
Obwohl Apotheker dazu verpflichtet seien, die Patientinnen an Kollegen ohne Vorbehalte zu verweisen, will die NSS Anhaltspunkte dafür haben, dass dies nicht immer erfolgt. Da keine Dokumentationspflicht bei Ablehnung gebe, sei es derzeit nicht möglich zu prüfen, ob die Überweisung tatsächlich in jedem Fall angeboten werde.
Doch auch dann gibt es laut NSS keine Garantie, dass der Apotheker die Pille danach vorrätig hat und bereit ist, die abzugeben. Fraglich sei außerdem, ob die empfohlene Ausweichapotheke überhaupt offen und für die Patientin gut erreichbar sei. Angesichts des Notfallcharakters vieler Anfragen und der Tatsache, dass Frauen nicht immer Zeit, Geld oder Zugang zu notwendigen Transportmitteln haben, könnte die Ablehnung zu großer Not und möglicherweise zu einer unerwünschten Schwangerschaft führen. Die Organisation kritisierte, dass Apotheker nicht verpflichtet sind, sich nach etwaigen schwerwiegenden Begleitumständen zu erkundigen.
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