Großbritannien

Gesundheitsministerium plant Zentralapotheken

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Berlin -

In Großbritannien sollen Apotheken die Möglichkeit bekommen, vorbereitende Aufgaben wie die Konfektionierung und Verblisterung von Arzneimitteln auszulagern. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums vor, der gerade zur Anhörung gestellt wurde. Durch die Zentralisierung („Hub and Spoke“) sollen die Kosten für Arzneimittel verringert werden und die Apothekenmitarbeiter mehr Zeit für die Beratung bekommen. Außerdem sollen die Preise auf jedes Medikamente gedruckt sowie Einzeldosenbehältnisse und Blister besser beschriftet werden.

Über die Zentralisierung der Aufgaben von Apotheken wird schon lange diskutiert – zumal in Großbritannien neben Fertigarzneimitteln in festen Packungsgrößen häufig auch Tabletten in Teilmengen verschrieben werden. Diese werden in der Apotheke entweder von großen Rollen abgeteilt oder mit größerem Aufwand neu verblistert.

Derzeit ist es Apothekenketten vorbehalten, solche Prozesse innerhalb ihres Filialverbunds zu delegieren. Auch größere Servicezentren werden dem Vernehmen nach bereits in Pilotprojekten getestet. Vorbild ist das System in den USA; hier werden bestimmte Medikamente in speziellen Hubs konfektioniert und an die Apotheken ausgeliefert.

Künftig sollen auch in Großbritannien alle Apotheken auf zentrale Dienstleistungen zurückgreifen können. Dazu gehören neben der Herstellung von Rezepturen auch der Einkauf, die Überprüfung, und Konfektionierung von Fertigarzneimitteln. In der Regel finden diese Prozesse in der einzelnen Apotheke vor Ort statt; künftig sollen die Inhaber spezielle Dienstleister beauftragen können.

Normale Zentralapotheken können laut Ministerium 250 Apotheken versorgen und kosten rund 5 Millionen Pfund. Große Hubs sollen bei einer Anfangsinvestition von 20 Millionen Pfund sogar bis zu 1500 Apotheken beliefern können. Das Ministerium geht davon aus, dass sich einerseits unabhängige Apotheken zusammentun werden und dass es außerdem professionelle Anbieter geben wird.

Das Gesundheitsministerium schätzt, dass nach einer Übergangsphase von bis zu drei Jahren zwischen 30 und 60 Prozent aller Medikamente in den Zentralapotheken vorkonfektioniert werden könnten. In den Apotheken könnten so 10 Prozent der Lohnkosten für Approbierte und 25 Prozent der Ausgaben für pharmazeutisches Hilfspersonal eingespart werden. Auf der anderen Seite müsste für zwei eingesparte Mitarbeiter in den Apotheken eine neue Vollzeitstelle in den Hubs einkalkuliert werden. Laut Ministerium sind die Hubs dank der geplanten Automatisierung zwei- bis viermal so effizient, gleiche Gehälter vorausgesetzt.

Die Politik will unabhängigen Apotheken nach eigenem Bekunden die Chance geben, technisch und rechtlich mit dem Geschäftsmodell der Ketten mitzuhalten. Dazu soll die Kooperation von unterschiedlichen Apotheken ermöglicht werden. Derzeit gehört die Hälfte der rund 13.000 Apotheken in Großbritannien nicht zu einer größeren Kette; etwa 30 Prozent aller Medikamente werden durch die Independents abgegeben.

Außerdem sollen Einzeldosenbehältnisse und Blister besser beschriftet werden, dasselbe gilt für verschreibungspflichtige Medikamente, die unter bestimmten Umständen ohne Rezept abgegeben werden. Dies soll die Arzneimittelsicherheit erhöhen.

Schließlich will das Gesundheitsministerium die Arzneimittelkosten für die Verbraucher transparent machen. Dazu sollen auf den Packungen Angaben zum Preis gemacht werden und darüber, wer welchen Anteil der Kosten übernimmt. Die Regierung hofft, dass durch das Bewusstsein für die Ausgaben die Therapietreue steigt und der Arzneimittelmüll von derzeit jährlich rund 300 Millionen Pfund reduziert werden kann.

Schon im vergangenen Jahr hatte Gesundheitsminister Jeremy Hunt angekündigt, dass es Preishinweise auf Arzneimitteln, die mehr als 20 Pfund kosten, geben soll. Diese Vorgabe soll ausschließlich im ambulanten Bereich gelten, nicht für Klinikmedikamente. Schottland hat bereits angedeutet, dass es nicht beabsichtigt, diese Maßnahme umzusetzen.

Das Gesundheitsministerium hatte im vergangenen Dezember angekündigt, die finanziellen Mittel für Englands Apotheken im kommenden Oktober um 6 Prozent auf 2,63 Milliarden Pfund zu kürzen. Unter anderem soll der Betriebszuschlag (Establishment payment) abgeschafft werden. Bis zu 3000 Apotheken könnten schließen müssen, was aus Sicht der Regierung unproblematisch wäre: „Es gibt mehr Apotheken als nötig, um eine gute Patientenversorgung zu gewährleisten“, hieß es vom Gesundheitsministerium.

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