Großbritannien
In England, Schottland und Wales können die Apotheken seit Jahresanfang
nicht mehr frei entscheiden, bei welchem Großhändler sie bestimmte
OTC-Medikamente bestellen. Denn der Pharmakonzern Johnson & Johnson
(J&J) hat für seine Produkte und die seines Tochterunternehmens
McNeil Exklusivvereinbarungen mit vier Großhändlern getroffen. Bis auf
einen Shortliner haben die Betreiber der großen Apothekenketten die
Zuschläge erhalten.
Partner von J&J sind die britischen Landesgesellschaften der drei paneuropäischen Pharmahändler Alliance Boots, Celesio und Phoenix sowie das Familienunternehmen Sigma. Damit geraten die ausgeschlossenen Lieferanten weiter unter Druck.
Originalprodukte werden seit dem ersten DTP-Vertrag von Pfizer vor fünf Jahren fast durch die Bank weg nur noch exklusiv geliefert. Die Hersteller verkaufen entweder nur noch über ausgewählte Großhändler oder nutzten diese sogar als reine Auftragslogistiker, die über eine Gebühr entschädigt werden.
Mit J&J wagt nun der erste OTC-Hersteller einen entsprechenden Vorstoß. Man habe die Struktur der Lieferkette auf den Prüfstand gestellt und eine umfassende Auslese durchgeführt, heißt es in einer knappen Erklärung. Mit dem neuen Vertriebsmodell würden die Komplexizität reduziert, die Effizienz erhöht und eine optimale Lieferfähigkeit sichergestellt.
Tatsächlich dürfte es J&J – wie den anderen Herstellern im Rx-Bereich zuvor – darum gehen, den Vertrieb der eigenen Produkte besser kontrollieren zu können. Für die Apotheken bedeuten die sogenannten Exklusivvertriebsmodelle nicht nur zusätzliche Arbeit und Lieferprobleme, sondern auch eine Erosion bei den Konditionen.
Der Chef von Avicenna, einer der größten unabhängigen Apothekenkooperationen des Landes, warnte daher auch vor einer Destabiliserung des Wettbewerbes: Die Hersteller versuchten, die Margen zu kontrollieren. Außerdem würden die unabhängigen Apotheken noch weiter der Gnade der großen Kettenbetreiber ausgesetzt.
In Deutschland vertreibt McNeil unter anderem die Marken Dolormin, Imodium, Imogas, Livovab, Pepciddual und Terzolin. Zu J&J gehören außerdem bebe, compeed, Hexoral, Listerine, Neutrogena, Nicorette, o.b., Olynth, Penaten, Reactine und Regaine.
Auch hierzulande gibt es immer wieder Vorstöße von Pharmaherstellern, Durchgriff auf die Handelsstufen zu nehmen. Zumindest im Rx-Bereich wären die Modelle DTP (Direct to pharmacy) oder Reduced Wholesaler nicht mehr möglich: Denn mit der AMG-Novelle war auf Betreiben des Großhandelsverbandes Phagro ein Belieferungsanspruch für alle Großhändler eingeführt worden. Im Skontostreit mit Novartis hatte sich Phoenix vor einem Jahr unter anderem mit diesem Argument durchgesetzt.
In der Schweiz dagegen gibt es DTP sogar in der Freiwahl: Der US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble (P&G) lässt seit Sommer 2010 seine ParfummarkenGucci, Boss, Escada ausschließlich über die Galenica-Tochter Galexis an die Konzessionäre liefern.
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