Budgetkürzungen des britischen Gesundheitsministeriums könnten die Schließung von bis zu 3000 englischen Apotheken bedeuten. Jede vierte Apotheke wäre damit betroffen. Das Ministerium will Apotheker effizienter in die gesundheitliche Erstversorgung integrieren: Sie sollen beispielsweise in Arztpraxen arbeiten.
Die Regierung will statt der Jahreszahlung von 2,8 Milliarden Pfund, die ab kommendem Oktober an Apotheken ausgeschüttet werden, im Oktober 2017 nur noch 2,63 Milliarden Pfund bereitstellen. Das entspricht einer Budgetkürzung von 6 Prozent. Um diese Einsparungen umzusetzen, will das Gesundheitsministerium die Fixzuschläge für Apotheken eindampfen.
Bekannt ist bereits, dass der Betriebszuschlag (Establishment payment) in den kommenden Jahren abgeschafft werden soll. Bislang werden jährlich 25.000 Pfund an jede Apotheke gezahlt, in der mehr als 2500 Verschreibungen pro Monat eingelöst werden. Pro Jahr gibt der Gesundheitsdienst NHS insgesamt etwa 270 Millionen Pfund für den Zuschlag aus.
Die Mindestanzahl an Rezepten sei zu gering angesetzt, was Ketten dazu bewege, mehr Apotheken zu eröffnen als nötig, argumentiert das Ministerium. Wenn diese Zahlungen wegfielen, würden Ketten weniger frequentierte Standorte schließen. Zwischen 1000 und 3000 der insgesamt fast 12.000 Apotheken könnten dadurch wegfallen, schätzt der Staatsminister im Gesundheitsministerium, Alistair Burt.
Das Gesundheitsministerium hält die Schließungen für unproblematisch: „Es gibt mehr Apotheken als nötig, um eine gute Patientenversorgung zu gewährleisten.“ Die Apothekenzahl in England ist zwischen 2003 und 2015 um fast 20 Prozent gestiegen. Der Patientenzugang sei hervorragend; 99 Prozent aller Engländer benötigen höchstens 20 Minuten Fahrtzeit zur nächsten Apotheke. 40 Prozent der Apotheken seien allerdings nur zehn Minuten von mindestens zwei weiteren entfernt.
Das Gesundheitsministerium betont, dass es infrastrukturell wichtige Apotheken gebe. Diese sollen besonders geschützt werden. Für eine flächendeckende Versorgung entscheidende Apotheken sollen mithilfe bestimmter Kriterien bestimmt werden, darunter die Entfernung zu anderen Apotheken, Einwohnerzahl und -bedürfnisse. Die so ermittelten Apotheken dürfen mit weniger Kürzungen rechnen.
Dr. Keith Ridge, Apothekenreferent im Gesundheitsministerium, teilte in einem Schreiben mit, dass zudem ein neuer Fonds eingerichtet werden soll. Mit diesen Geldern sollen Maßnahmen finanziert werden, die Apotheken besser in die Erstversorgung von Patienten einbinden. Denn derzeit stehe „die passende Infrastruktur mit den passenden Kompetenzen an den passenden Stellen“ noch nicht bereit. 2016/2017 stellt das Ministerium dafür 20 Millionen Pfund zur Verfügung. In den Folgejahren soll der Fonds jährlich um zusätzliche 20 Millionen aufgestockt werden. 2020/2021 werde die Regierung somit insgesamt 300 Millionen Pfund investiert haben.
Mit den Mitteln sollen klinische Apotheker in Hausarztpraxen, Pflegeheimen und weiteren Versorgungseinrichtungen angesiedelt werden. Zugleich sollen zentralisierte Abgabestellen und Versandapotheken gestärkt werden. Das sei „nichts Neues“, so Ridge: Schon jetzt würden Folgerezepte vermehrt online eingelöst. Der Online-Versand solle die Vor-Ort-Apotheken jedoch nicht ersetzen. Stattdessen sollen diese weiterhin für hochwertige pharmazeutische Beratung bereitstehen, schreibt Rigde.
Er fordert Apotheker auf, Anregungen vorzubringen, wie die Mittel des Fonds eingesetzt werden sollten, um Apotheken besser in die Erstversorgung einzubinden. Die erste Runde, um Vorschläge einzureichen, läuft bis zum 12. Februar. Bis zum 24. März will das Gesundheitsministerium die Ideen dann mit Apothekerverbänden diskutieren.
Die durchschnittliche englische Apotheke erhält laut Gesundheitsministerium jährlich etwa 220.000 Pfund Zahlungen vom NHS. Bis 2020 muss der NHS 22 Milliarden Pfund einsparen; daher müssten auch Apotheken effizienter arbeiten, hatte das Ministerium im vergangenen Dezember angekündigt.
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