Ärzte betrügen Impf-Betrüger

Griechenland: Tausende Impfgegner heimlich geimpft

, Uhr aktualisiert am 30.11.2021 08:08 Uhr
Berlin -

In Griechenland müssen sich die Staatsanwaltschaften gerade mit einem äußerst kuriosen Fall beschäftigen: Ärzte sollen tausenden Impfgegnern gegen ein Bestechungsgeld Kochsalzlösung gespritzt und dann ein Impfzertifikat ausgestellt haben. Was die Betrüger nicht wussten: Sie wurden selbst betrogen. Die Ärzte haben das Geld genommen, sie aber heimlich tatsächlich geimpft.

Impfgegnerschaft ist in Griechenland ein noch größeres Thema als hierzulande und auch die Probleme sind noch drängender: Laut Euronews lag die Impfrate vor einer Woche bei 63 Prozent – und damit noch einmal niedriger als in Deutschland. Gleichzeitig gab es in den vergangenen Wochen mehrere Demonstrationen gegen die Corona-Impfungen. Bereits im September hatte die Regierung eine Impfpflicht für Bedienstete im Gesundheitswesen eingeführt, die auf großen Widerstand traf – und zwar nicht nur auf der Straße, sondern auch im Gesundheitswesen selbst. Die Durchsetzung der Impfpflicht führte demnach zur Suspendierung von rund 6000 Angestellten, rund 6 Prozent des gesamten Personals im griechischen Gesundheitswesen.

Ebenfalls im September verschärfte die konservative Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis zudem die Einschränkungen für Ungeimpfte: Ohne Impf-Nachweis können von Gastronomie bis Freizeiteinrichtungen kaum noch Angebote wahrgenommen werden. Die Mischung aus großer Impfskepsis und starken Einschränkungen für Ungeimpfte traf dann offenbar auf zahlreiche Ärzte mit mehr oder weniger unlauteren Motiven. Ermittlungen der Polizei zufolge sollen in 100 bis 200 der insgesamt 2000 Impfzentren in Griechenland unberechtigt Impfpässe ausgestellt worden sein. Die Ermittler gehen von 200 bis 300 beteiligten Ärzten aus.

Auf die Fährte gekommen war die Polizei dem Betrug durch den Fall des Ortes Palamas: Im Impfzentrum des 6000-Einwohner-Städtchens sollen mehr als 40.000 Impfungen durchgeführt worden sein – ein großer Teil davon mutmaßlich gar nicht. In der mittelgriechischen Stadt Karditsa wurde bereits Anklage gegen 50 Personen wegen Geldwäsche und Gründung einer kriminellen Vereinigung erhoben. Ärzte sollen in großem Umfang jeweils 400 Euro dafür genommen haben, Impfgegnern Kochsalzlösung zu spritzen und ihnen dann Impfzertifikate ausgestellt haben.

Doch dann nahm der Fall eine bizarre Wendung: Ein großer Teil der Mediziner soll sich abgesprochen haben, jene Impfgegner ohne deren Wissen tatsächlich zu impfen. Das behaupten sie nicht nur selbst, sondern soll laut griechischen Medienberichten auch vonseiten der vermeintlich Nicht-Geimpften bestätigt worden sein. Viele von ihnen hatten demnach nach der Impfung typische Nebenwirkungen und hätten sich verwundert an die Ärzte gewandt, die daraufhin einräumten, dass es sich entgegen ihrer damaligen Beteuerungen um echte Impfungen handelte.

Die Motive sollen unterschiedlich gewesen sein: Manche Ärzte hätten aus Überzeugung gehandelt, den kleinen Obolus aber trotzdem dankend angenommen. Andere hätten schlicht auf Nummer sicher gehen wollen. Ein kleines Bakschisch anzunehmen, dann aber der ärztlichen Pflicht nachzukommen und die echte Impfung zu verabreichen, ist ein kleineres Vergehen als einen Impfpass für eine ungeimpfte Person zu fälschen. Das Geld kriegen sie sowieso und die ausgestellten Impfpässe sind dann immerhin echt – auch wenn viele Impfgegner selbst nicht wissen dürften, dass sie geimpft sind. Und ganz grundlegend hätten die Ärzte das Risiko, angeschwärzt zu werden, ohnehin als äußerst gering eingeschätzt: Die ungewollt Geimpften hätten natürlich zur Polizei gehen können – hätten sich damit aber selbst der Bestechung und des versuchten Betruges überführt. Hinzu kommt: An der Tatsache, dass sie nun gegen ihren Willen geimpft sind, hätte der ganze Ärger ohnehin nichts mehr geändert.

Was im ersten Moment zum Schmunzeln einlädt, hat allerdings dennoch negative Folgen für die Pandemiebekämpfung in Griechenland: Das wahre Ausmaß des Impfbetrugs sowie des Impfbetrug-Betrugs der Ärzte ist weiter unbekannt. Einer ersten Meldung der griechischen Zeitung Tovima zufolge soll es sich um 100.000 ungewollte Impfungen gehandelt haben – das entspräche knapp einem Prozent der griechischen Gesamtbevölkerung. Allerdings hat die griechische Polizei die Zahl, die zwischenzeitlich in europäischen und auch deutschsprachigen Medien kolportiert wurde, laut einem Bericht der griechischen Nachrichtenseite Bankingnews mittlerweile dementiert. Die Ermittlungen laufen weiter, ob es je verlässliche Angaben zur Zahl ungewollt geimpfter Impfgegner in Griechenland geben wird, ist jedoch nicht sicher.

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