Eigentlich waren die griechischen Apotheker guter Hoffnung, die von der Troika schon 2010 geforderte Liberalisierung verhindern oder zumindest einschränken zu können. Mehrfach hatten die Gesundheitspolitiker in Athen den Eurokraten eine Abfuhr erteilt. Doch quasi über Nacht setzten sich die Ökonomen mit ihren Forderungen durch. Am Sonntag gegen Mitternacht winkte das Parlament in Athen mit knapper Mehrheit ein entsprechendes Reformpaket durch. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt Dimitrios Karageorgiou, Generalsekretär des griechischen Apothekerverbands, warum die Apotheken in seinem Land zum Opfer der Finanzkrise wurde.
ADHOC: Wann haben Sie erfahren, dass der griechische Apothekenmarkt komplett liberalisiert werden soll?
KARAGEORGIOU: Erst am vergangenen Mittwoch.
ADHOC: Die Absichten der Troika sind seit 2010 bekannt. Warum hat sich Ihre Regierung jetzt darauf eingelassen?
KARAGEORGIOU: Die Regierung wurde von den Geldgebern erpresst, die Forderungen umzusetzen, um die wirtschaftlichen Hilfen zu erhalten. Wir haben zuverlässige Informationen, dass der Verhandlungsführer der EU-Kommission, Matthias Mors, die Entscheidung bis zuletzt hinausgezögert hat. Dadurch war es nicht möglich, substantielle Änderungen einzubringen, um die bestehende Apothekenstruktur zu retten. Dazu passt die Einstellung der Repräsentanten des Internationalen Währungsfonds (IWF), die Griechenland als einen Staat wie Rumänien darstellen.
ADHOC: Wer hat den Entwurf für das neue Gesetz verfasst?
KARAGEORGIOU: Das Entwicklungsministerium in Übereinkunft mit dem Gesundheitsministerium.
ADHOC: Sie hatten keinerlei Einflussmöglichkeiten?
KARAGEORGIOU: Wir hatten es geschafft, uns auf ein bestimmtes Modell zu einigen, das in seinen Grundsätzen der deutschen Variante entspricht. Zugearbeitet wurde uns von der ABDA. Im letzten Moment hat aber irgendjemand oder irgendetwas Herrn Mors dazu gebracht, seine Meinung zu ändern und die Vorschläge zu ignorieren.
ADHOC: Wird die Liberalisierung Ihr Meinung Griechenland dabei helfen, seine finanziellen Probleme zu überwinden?
KARAGEORGIOU: Nein, die Liberalisierung wird dem Staat keinen finanziellen Nutzen bringen. Das hat auch schon Vizepräsident Evangelos Venizelos zugegeben.
ADHOC: Als Bürger: Was halten Sie davon, dass die EU Ihre Regierung zwingt, Gesetze zu ändern?
KARAGEORGIOU: Unsere Regierung hat so gehandelt, weil sie Panik vor dem Staatsbankrott hat. Jeder mit Großkapital ist jetzt hier willkommen. Wir wissen für unseren Bereich, dass bekannte Namen aus dem Ausland bereit stehen, um den Markt umzukrempeln.
ADHOC: Als Lobbyist: Denken Sie, dass dies eine transparente Art und Weise ist, um Gesetze zu ändern?
KARAGEORGIOU: Absolut nicht. Es gab keinerlei Gelegenheit für eine öffentliche Anhörung. Die extreme Eile, mit der hier vorgegangen wurde, zeigt, dass die Grenzen der rechtlichen und demokratischen Grundsätze außer Acht gelassen wurden.
ADHOC: Als Apotheker: Wie finden Sie die Ideen der OECD zur Arzneimittelversorgung?
KARAGEORGIOU: Die Vorschläge der OECD wurden von griechischen Urhebern verfasst, die den Vorgaben bestimmter Interessengruppen gefolgt sind. Inhaltlich ist die Studie fehlerhaft, und selbst die Task Force widerspricht in vielen Punkten.
ADHOC: Was wird jetzt passieren, nachdem das Parlament den Reformen zugestimmt hat?
KARAGEORGIOU: Es wird Ketten geben und Apotheken in Supermärkten. Die Bestimmungen zum Betrieb von Apotheken werden sich ändern und außerdem alle Kriterien, die für die Gründung von neuen Apotheken nötig sind – und das gegen die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs.
ADHOC: Wie gehen die griechischen Apotheker mit der Situation um?
KARAGEORGIOU: Wir werden als Verband weiterhin politisch aktiv bleiben und prüfen verfassungs- und europarechtliche Maßnahmen. Unseren Mitgliedern werden wir mit Vorschlägen zur Seite stehen, wie sie ihr Geschäft unter den neuen Rahmenbedingungen führen können.
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