Griechenland

Filialstaffel für Apothekenketten APOTHEKE ADHOC, 05.11.2015 14:34 Uhr

Berlin - 

Der Apothekenmarkt in Griechenland wird liberalisiert – in kleinen Schritten. Das Fremdbesitzverbot wird aufgehoben, das Mehrbesitzverbot aber nur etappenweise gelockert. Mit einem letzten Streik wollen sich die Apotheker noch einmal dem wahrscheinlich Unvermeidlichen entgegen stellen. Auch die Großhändler gehen auf die Barrikaden.

Vor wenigen Tagen unterzeichneten Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis und Gesundheitsminister Andreas Xanthos einen Gesetzentwurf, mit dem unter anderem der Apothekenmarkt liberalisiert wird. Nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes können Nichtapotheker sich zunächst an maximal fünf Apotheken beteiligen.

Bis 2020 darf jedes Jahr jeweils eine weitere Apotheke hinzukommen, sodass dann Miniketten mit bis zu zehn Apotheken existieren können. Allerdings muss stets ein Apotheker mindestens 20 Prozent der Anteile halten. Außerdem soll dieser Apotheker dann für die Führung der bis zu zehn Apotheken verantwortlich sein.

Die Ketten sollen nach den Plänen der Regierung als Unternehmen mit beschränkter Haftung geführt werden. Sollte ein Apotheker der alleinige Inhaber sein, darf er jede Geschäftsform außer der Aktiengesellschaft wählen. Die geografischen Niederlassungsbeschränkungen werden aufgehoben, die demografischen sollen dagegen beibehalten werden.

Dass die Troika gegen diese schrittweise Liberalisierung vorgehen wird, ist unwahrscheinlich. EU-Beamte haben im kleinen Kreis bereits deutlich gemacht, dass sie nicht auf radikalen Maßnahmen bestehen. Verwiesen wurde auf die Entwicklung in Norwegen und Schweden, wo kleine Unternehmen gegen die führenden Anbieter keine Chance hatten. Solche Machtkonzentrationen wolle man vermeiden.

Das Gesetz hält aber einige Kuriositäten bereit, die angreifbar sind: Kapitalgesellschaften sollen sich nicht an Apotheken beteiligen können. Die privaten Großhändler fühlen sich daher gegenüber den Genossenschaften benachteiligt, die von dem Ausschluss nicht betroffen sind.

Da das Gesetz ein Ministerbeschluss ist, sind die neuen Regelungen bereits in Kraft. Kritiker werfen der Regierung vor, unter dem Druck der Troika unvollständige und widersprüchliche Gesetze zu verabschieden. So soll etwa die Regelung, nach der jeder Großhändler nur eine Niederlassung betreiben darf, vorerst bestehen bleiben.

Neben den Apothekern wollen auch die Großhändler gegen das neue Gesetz vorgehen. Die Umsetzung würde „katastrophale“ Auswirkungen mit sich bringen, heißt es vom Großhandelsverband. Zwei Petitionen lägen Stathakis und Xanthos bereits vor: Eine fordert die Aussetzung des Ministerbeschlusses, die andere die Aufhebung der neuen Regelungen. Sowohl die Gerichte in Griechenland und der EU als auch die jeweiligen Wettbewerbskommissionen müssten auf das neue Gesetz reagieren, hieß es.

Die Apotheker hatten von der Regierung bereits gefordert, das deutsche Apothekenmodell zu übernehmen – bisher ohne Erfolg. Der letzte Streik der hellenischen Pharmazeuten dauerte zwei Tage. Für den 12. November planen die Apotheker die Teilnahme am Generalstreik. Organisiert wird dieser von mehreren Gewerkschaftsverbänden; vor allem die Arbeitnehmer wollen ein Zeichen setzen. Am selben Tag will die Regierung über weitere Maßnahmen zur Haushaltssanierung entscheiden.

Griechenland hat die höchste Apothekendichte in Europa: Eine Apotheke versorgt weniger als 1000 Menschen; in Deutschland liegt dieses Verhältnis bei 1:4000*. Etwa 1000 der vormals 11.000 Apotheken mussten schon schließen, weitere 1000 könnten in diesem Jahr folgen. Viele Apotheken stehen bei ihren Großhändlern in der Kreide; insgesamt gibt es 100 Lieferanten.



* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Beitrags war für Deutschland eine Apothekendichte von 1:3000 angegeben worden. Richtig ist 1:4000. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.