Während sich die Apotheker hierzulande vor massiven Personalengpässen fürchten, macht man sich in Großbritannien Sorgen um eine Marktüberschwemmung: So nehme die Zahl der Approbierten stetig zu, warnt der Präsident der britischen Apothekergewerkschaft, John Murphy. Gleichzeitig sinkt der Bedarf an Pharmazeuten im Königreich – und das obwohl sich insbesondere die Apothekenketten noch vor wenigen Jahren über einen Apothekermagel beschwert hatten.
Seit Jahren wird an immer mehr Hochschulen Pharmazie angeboten: Im vergangenen Jahr gab es 23 Pharmazie-Institute, 2002 waren es noch 16. Laut Murphy planen derzeit weitere drei Hochschulen, Pharmazeuten auszubilden. Die Zahl der Immatrikulationen hat sich seit 1999 verdoppelt: Während sich vor 13 Jahren noch rund 1900 Studenten einschrieben, waren es im vergangenen Jahr knapp 4000.
Demzufolge stieg auch die Absolventenquote: 2002 hatten sich noch etwas mehr als 1600 Studierende für die Abschluss-Prüfung eingeschrieben, wobei rund 5 bis 10 Prozent regelmäßig nicht bestehen. Im vergangenen Jahr kamen knapp 3000 neue Pharmazeuten auf den Markt.
Noch vor acht Jahren sah es ganz anders aus: „Damals übertraf die Nachfrage definitiv das Angebot“, erinnert sich Murphy. Der Umschwung habe mehrere Gründe: Einerseits sei die Anzahl der beim Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) abgerechneten Rezepte in dieser Zeit stetig angestiegen. Zweitens richtet sich das Budget der Hochschulen in Großbritannien nach der Studentenzahl. „Pharmazie war schon immer ein populäres Fach, für das die Unis viele junge Leute begeistern konnten“, erklärt Murphy. Letztlich hätten auch die großen Apothekenketten ein Interesse an einem vollen Apothekermarkt gehabt, schließlich gebe es dann niedrigere Löhne.
„Wir sitzen auf einer Zeitbombe“, sagt Murphy und weist darauf hin, dass gleichzeitig immer weniger Pharmazeuten gebraucht werden. Insbesondere die von der Regierung anvisierte Reform des NHS macht den Apothekern Angst: So soll die komplette Budgetverantwortung regionalisiert werden. Künftig sollen die vom NHS beschäftigten Ärzte in den einzelnen Regionen zusammen kommen, um über die Geld- und Versorgungsaufteilung in den Planungsbezirken zu entscheiden.
„Hierzulande sind viele Apotheker als Fachberater bei Hausarztpraxen angestellt. Wenn die Mediziner mehr Verantwortung bekommen, könnten sie sich für günstigere Lösungen entscheiden und beispielsweise Krankenschwestern statt Apothekern einstellen“, warnt Murphy. Auch in den Apotheken müssten die Kosten aufgrund des angespannten wirtschaftlichen Klimas ihre Kosten reduzieren. Aufgrund eines Spargesetzes hätten auch die Kliniken in den vergangenen Monaten viele Pharmazeuten gehen lassen müssen.
Die Apothekengewerkschaft spricht sich daher öffentlich für strengere Zulassungsbedingungen an den Hochschulen aus: „Wir müssen die Zahl der Immatrikulationen besser kontrollieren“, forderte Murphy.
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