Schweiz

Gefährliche Substanzen: Bundesrat will Zugang erschweren

, Uhr
Berlin -

Düngemittel, Reinigungsmittel für Schwimmbäder, Unkrautvernichter – sie alle haben eines gemeinsam: Sie können von Terroristen zur Herstellung von explosionsfähigen Stoffen verwendet werden. Der Schweizer Bundesrat will nun einen Missbrauch dieser Substanzen verhindern und den Zugang von Privatpersonen zu solchen Stoffen einschränken.

Im Dezember wurde ein Stellungnahmeverfahren zum dem entsprechenden Gesetzentwurf eröffnet, das bis März 2018 dauert. Mit dem neuen Gesetz soll verhindert werden, dass potenzielle Terroristen sich in der Schweiz mit gefährlichen Substanzen eindecken. Gewisse dieser hoch konzentrierten Vorläuferstoffe sollen in Zukunft nicht mehr frei verkauft werden. Stattdessen sollen Genehmigungen und Registrierungspflichten eingeführt werden.

Die Regelungen sollen für Privatpersonen, nicht aber für Berufsleute wie Landwirte gelten, die große Mengen Düngemittel benötigen. Bei diesen setzt der Bundesrat auf die Eigenkontrolle und Sensibilisierung, um dem Missbrauch in der Verwendung von Vorläuferstoffen entgegenzutreten.

Vorläuferstoffe sind in einer Vielzahl von frei erhältlichen Alltagsprodukten enthalten. Um die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung einzudämmen, hat die EU bereits seit 2014 die Vermarktung und Verwendung von Vorläuferstoffen auf dem Verordnungsweg reglementiert. In der Schweiz wurden die Vorläuferstoffe bis 2005 von der damaligen Giftgesetzgebung abgedeckt. Mit deren Abschaffung unterliegen sie keinen Kontrollmechanismen bei der Abgabe mehr und werden unter anderem in Apotheken, Baumärkten oder im Fachhandel. Seit 2014 ist die Schweiz damit das einzige Land in Europa, in dem diese Stoffe noch uneingeschränkt erhältlich sind.

Laut dem Bundesamt der Polizei gab es in der Schweiz bis jetzt keine terroristischen Vorfälle mit selbstgebautem Sprengstoff. Anders in der EU: Viele Attentate der letzten Jahre wurden mit selbsthergestellten Sprengsätzen durchgeführt. Häufig verwendet wird dabei der Sprengstoff Triacetontriperoxid (TATP), der aus wenigen, einfach verfügbaren Chemikalien besteht.

Apotheker Alex Grogg bestätigte gegenüber Sender SRF, dass es zurzeit kaum Einschränkungen beim Verkauf gibt: „Wir dokumentieren zwar, was wir an kritischen Stoffen verkaufen. Wir haben auch eine Ausweispflicht und das Mindestalter muss eingehalten werden. Aber eine Meldepflicht gegenüber den Behörden haben wir nicht.“

Allerdings haben Schweizer Pharmazeuten bereits im Februar 2017 einen Brief des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) erhalten. Darin werden sie gebeten, verdächtige Kunden zu melden. Als verdächtig gilt laut Fedpol jemand, der sich beispielsweise nervös verhält, eine ungewöhnlich große Menge einer Chemikalie kaufen will oder keine Auskunft über die geplante Verwendung geben will. Solche Kunden könnten terroristische Motive haben, so die Behörde.

Der Apothekerverband PharmaSuisse empfahl seinen Mitglieder ebenfalls, freiwillig sowohl die Abgabe von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen als auch die Abgabe des Sicherheitsdatenblatts zu dokumentieren. Der Verband betonte allerdings, dass in Apotheken im Vergleich zu anderen Bezugsquellen keine großen Mengen an Chemikalien verkauft würden. „Die Apotheker sind bereits sehr gut geschult im Umgang mit Chemikalien und anderen gefährlichen Stoffen und kommen ihrer Sorgfaltspflicht nach“, teilte der Verband auf Nachfrage mit. Mit ihren Kenntnissen seien die Apotheken schon jetzt in der Lage, gewisse Abgaben zu verweigern.

Auf der Liste von Fedpol sind insgesamt 15 frei verkäufliche Chemikalien gelistet. Zu den Substanzen, die für den Bau von Sprengstoffen verwendet werden können, zählen demnach etwa Wasserstoffperoxid, das in Desinfektionsmitteln vorkommt, Natriumperchlorat in Medikamenten oder Nitrate in Düngemitteln.

Die bei Anschlägen verwendeten Explosivstoffe werden vielfach von den Attentätern selbst hergestellt. Die Bauanleitungen sind leicht zugänglich und ohne besondere Fachkenntnisse verständlich. Die Zutaten könnten häufig uneingeschränkt bezogen werden, betont Fedpol. Der Sprengstoff TATP wurde zum Beispiel bei Attentaten in Paris oder Manchester benutzt. Allerdings kann er auch für die Bombenbauer gefährlich werden: Im August 2017 starben zwei Terroristen beim Versuch, eine TATP-Bombe für ein geplantes Attentat in Barcelona zu bauen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte