In den USA ist die nächste Apothekenkette pleite: Fred’s hat Insolvenz angemeldet. In ihren Filialen läuft jetzt der Räumungsverkauf an, innerhalb der kommenden 60 Tage sollen alle Geschäfte geschlossen werden. Analysten zufolge durchlebt der US-Einzelhandel gerade eines der schwersten Jahre der letzten Jahrzehnte.
„Trotz der größten Bemühungen unseres Teams konnten wir diesen Ausgang nicht verhindern“, so CEO Joe Anto. „Ich möchte allen unseren Mitarbeitern für ihre harte Arbeit und ihre fortgesetzte Unterstützung danken, während wir unseren Betrieb herunterfahren.“ Am Montagmorgen hat Fred‘s die Insolvenz in Eigenverwaltung nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts beantragt. Im Gegensatz zu einem Liquidationsverfahren nach Kapitel 7 wird betroffenen Unternehmen dabei Schutz vor rechtlichen Schritten von Gläubigern gewährt, um sich reorganisieren und Verpflichtungen restrukturieren zu können.
Das Ende von Fred’s kam in Raten. Seit über einem Jahr befindet sich die Kette im Krisenmodus. Bereits im September 2018 hatte Walgreens für 165 Millionen Dollar 185 Apotheken von Fred‘s gekauft. Im ersten Quartal wies Fred’s dennoch einen Verlust von 29,5 Millionen US-Dollar aus. Im April begann die Kette dann damit, ihr Filialnetz in mehreren Schritten abzustoßen, um wieder profitabel zu werden – ohne Erfolg, wie sich nun zeigt. Hatte die Kette Anfang des Jahrs noch rund 500 Filialen, waren Anfang September weniger als 100 übrig. Allein im Juli verkaufte Fred’s 129 Filialen. Im Verlauf des Jahres haben die Aktien über 80 Prozent an Wert verloren. Ein Anteilsschein kostet mittlerweile weniger als einen US-Dollar.
Fred’s wurde 1947 in Coldwater im US-Bundesstaat Mississippi gegründet und war vor allem im Südosten der USA – den Südstaaten Georgia, Alabama; Mississippi, Louisiana und Tennessee – aktiv. Dort gehörte sie zu den größten Ketten. Doch der US-Apothekenmarkt befindet sich in einer Konsolidierungsphase: Kleine und mittlere Ketten verschwinden zunehmend zugunsten der großen Apotheken- und Einzelhandelskonzerne. Allein die vier großen Ketten CVS, Walgreens, Rite Aid und Walmart teilen sich mittlerweile rund die Hälfte des Markts untereinander auf.
Im Frühjahr erst hatte die Apothekenkette Shopko ihre Pforten geschlossen. Das 1962 von einem Apotheker gegründete Unternehmen hatte ebenfalls lange vergebens versucht, noch die Kurve zu kriegen. Nach einer ersten Schließungsrunde im Dezember 2018 folgte die Insolvenz in Eigenverwaltung und die Schließung von 250 Filialen – rund 70 Prozent der damals 360 Niederlassungen in knapp der Hälfte der US-Bundesstaaten. Die 146 Apotheken innerhalb der Märkte wurden hingegen versteigert und gingen an insgesamt 20 Unternehmen. Teilweise wurden auch nur die Patientenakten und damit verbundenen Verträge verkauft. Unter den Abnehmern waren sowohl die großen Apothekenketten als auch kleinere lokale Firmen. Den größten Fang hat Walgreens Boots Alliance (WBA) gemacht: 63 Niederlassungen gingen an das Imperium von Stefano Pessina.
Doch auch große Player wie Rite Aid, Walgreens und CVS haben mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Von den landesweit über 5000 Filialen, die Rite Aid 2008 noch hatte, ist heute nur noch knapp die Hälfte übrig, nicht zuletzt, weil Walgreens nach einer gescheiterten Übernahme 2186 Filialen und drei Vertriebszentren aufgekauft hatte. Im Frühjahr kündigte Rite Aid deshalb harte Einschnitte an: Um sich auf die neue Größe des Unternehmens einzustellen, werden hunderte Stellen in der Zentrale gestrichen und beinahe die gesamte Unternehmensführung ausgetauscht.
Das Sterben der Apothekenketten hängt allerdings nicht nur mit einer Konsolidierung auf dem Apothekenmarkt zusammen, sondern dem Marktforschungsunternehmen Coresight Research zufolge auch mit einer Krise des gesamten US-Einzelhandels. Allein von Januar bis Juni dieses Jahres haben in den USA demzufolge 7150 Filialen geschlossen, darunter auch rund 50 von CVS. Demgegenüber standen nur rund 3000 Neueröffnungen. Damit wird dieses Jahr aller Voraussicht nach der Allzeit-Rekord von 2017 mit 8139 Schließungen eingestellt. Verantwortlich dafür ist demnach nicht nur die zunehmende Konkurrenz durch den Online-Handel, sondern auch der Handelskrieg mit China, den US-Präsident Donald Trump angezettelt hat. „Der Markt realisiert noch gar nicht, wie groß die Probleme des Vor-Ort-Verkaufs sind. 25-prozentige Zölle auf chinesische Importe könnten die Gewinnmargen dieser Unternehmen an einen Punkt bringen, wo massive Schließungen unvermeidlich sind“, so der UBS-Analyst Jay Sole in einer Mitteilung an Investoren.
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