Die französische Regierung hat das Ende der Erstattungsfähigkeit homöopathischer Arzneimittel beschlossen. Ab 2021 werden Globuli & Co. nicht mehr vom staatlichen Krankenversicherung erstattet, gab Gesundheitsministerin Agnès Buzyn am Dienstag bekannt. Dem vorangegangen war eine von der Regierung in Auftrag gegebene Untersuchung zur Wirksamkeit von Homöopathie.
Nach intensiver öffentlicher Diskussion hatte Buzyn der Gesundheitsbehörde HAS im vergangenen Herbst die Anordnung zur Durchführung einer wissenschaftlichen Prüfung erteilt. Die Behörde hatte daraufhin innerhalb von neun Monaten fast 1200 homöopathische Arzneimittel geprüft und im Rahmen einer Metaanalyse mehr als 1000 wissenschaftliche Publikationen zum Thema analysiert.
Das Ergebnis fiel dann für Hersteller denkbar schlecht aus: Es gebe keine wissenschaftlichen Belege für die Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel. Außerdem betonter die HAS in ihrer abschließenden Stellungnahme die Gefahr, dass homöopathische Therapien bei schwerwiegenden Krankheiten zu einer Verzögerung der Anwendung von Therapien führen könne, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist.
Buzyn kündigte an, die Streichung aus der staatlichen Erstattung solle erst nach einer Übergangsfrist erfolgen, um die heimischen Hersteller zu schonen und ihnen die Umstellung zu erleichtern: Bisher erstattet die Krankenversicherung in Frankreich 30 Prozent der Kosten von verordneten Homöopathika. Ab Januar 2020 sollen es dann 15 Prozent sein. Erst ab dem Folgejahr gibt es von der Kasse gar nichts mehr. Sie erwarte, dass die Staatskasse durch die Maßnahme rund 127 Millionen Euro spare. In einem Interview mit der Zeitung „Le Parisien“ kündigte sie an, die volle Verantwortung für den Schritt zu übernehmen – denn Homöopathie ist in Frankreich weit verbreitet und der Widerstand gegen die Streichung entsprechend groß. Rund sieben Millionen Menschen, also 10 Prozent der französischen Bevölkerung, hätten allein vergangenes Jahr homöopathische Mittel angewendet, so Buzyn.
Vorbild für die Vorgehensweise – erst Prüfung, dann Streichung – war laut HAS-Präsidentin Dominique Le Guludec England. Dort hatte der staatliche Gesundheitsdienst NHS England im November 2017 neue Leitlinien, laut denen Homöopathie nicht mehr auf Rezept abgegeben werden kann und somit nicht mehr übernommen wird. Auch in Spanien und Österreich ist die Homöopathie seit vergangenem Jahr verstärkt unter Druck.
Der Entscheidung der französischen Gesundheitsministerin ging eine Debatte voraus, die ähnlich wie in Deutschland hitzig geführt wurde. Im Frühjahr 2018 erhitzte Forderung von 124 Medizinern und Wissenschaftlern die Gemüter, alternativmedizinische Methoden wie Homöopathie und Mesotherapie aus der Medizin zu verbannen. Diplome und Fortbildungen in diesen Disziplinen sollten nicht mehr staatlich anerkannt werden, die Kassen solche Behandlungen nicht mehr erstatten. Daraufhin hatte die Universität Lille als erste Universität den Diplomkurs Homöopathie ausgesetzt.
Hersteller wie Boiron versuchen nun, sich gegen die Entscheidung zu wehren. Am Donnerstag wolle sich die Geschäftsführung mit der Ministerin treffen, rechtliche Schritte gegen die Entscheidung behalte sich das Unternehmen noch vor. Außerdem trommelte das Unternehmen online: Eine von Boiron initiierte Unterschriftenkampagne konnte 1,2 Millionen Unterstützer sammeln.
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