Ab Dezember können Franzosen in der Apotheke Kondom-Rezepte einlösen: Die französische Regierung hat beschlossen, Pariser zur Kassenleistung zu machen. So soll die Ausbreitung von HIV, aber auch von weiteren sexuell übertragbaren Krankheiten eingedämmt werden. Kritisiert wird allerdings die Präservativ-Auswahl.
„Alle Franzosen können sich künftig Schachteln mit sechs, zwölf oder 24 Präservativen in ihrer Apotheke abholen“, kündigte die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn am Dienstag im Radiosender Inter France an. Dazu können sie sich demnach ab dem 10. Dezember von einem Arzt oder einer Hebamme Rezepte ausstellen lassen. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen. Die Maßnahme wurde laut einer Mitteilung des Gesundheitsministeriums im Rahmen der Nationalen Strategie für sexuelle Gesundheit beschlossen und soll die Zahl der Neuansteckungen mit HIV, Hepatitis B und C, Syphilis, Gonokokken und Chlamydien verringern.
Allerdings können die Kunden ihr Modell nicht frei wählen. Erstattet wird nämlich nur die vergleichsweise günstige Marke Eden. Deren Hersteller Majorelle hatte sich im Sommer vom Gesundheitsministerium bescheinigen lassen, dass seine Überzieher erstattungsfähig sind. Nun kann er sich nicht nur über den voraussichtlich steigenden Absatz freuen, sondern auch über die gute PR. Das neue Gesetz bringe „neuen Schwung für das Image des Präservativ“. Es verdeutliche, dass es sich „nicht nur um ein Sexspielzeug“ handele, sondern um ein „unerlässliches Mittel zur Prävention“.
Auch in Deutschland kommen immer wieder Forderungen auf, die Erstattung von Verhütungsmitteln auszubauen. Bisher übernehmen die Krankenkassen die Kosten für ärztlich verordnete (Notfall-)Kontrazeptiva wie Pille, Pille danach, Spirale, Implantate oder Ringe nur bei Versicherten unter 21 Jahren. Ist man über 18, muss man zuzahlen. Die Bundesländer Berlin, Hamburg und Bremen haben den Weg, den Grüne und Linke fordern, bereits eingeschlagen: Hier wurde beschlossen, Empfänger von Transferleistungen von den Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel zu befreien.
Erst Anfang November befasste sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages auf zwei Anträge der Grünen und Linken hin mit dem Thema. Mehrere geladene Sachverständige forderten dabei, dass Empfänger von Transferleistungen Verhütungsmittel bundesweit auf Kassenrezept beziehen können sollen. Ein Modellprojekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erprobt das bereits: An sieben Standorten, darunter Halle an der Saale, Lübeck, Saarbrücken und Erfurt, kriegen auch Frauen über 20 Jahren verschreibungspflichtige Verhütungsmittel bezahlt, wenn sie Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe; BAFöG, Berufsausbildungsbeihilfe, Wohngeld oder Asylbewerberleistungen beziehen oder ihr Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegt. Die Grünen fordern, dass dieses Konzept allgemeingültig wird.
„Die Anwendung von Kondomen ist auch deswegen förderungswürdig, da sie zur zur Prävention von Infektionskrankheiten dient“, heißt es wiederum im Antrag der Linken. Sie seien deshalb in den Leistungskatalog der GKV aufzunehmen. Entsprechend dem Gesamtumsatz an Verhütungsmitteln in Deutschland würde sich für die Kassen durch die Erstattung ein jährlicher Mehraufwand von 600 Millionen Euro ergeben. Der Vorschlag der Linken: Man solle den Versicherten ein monatliches Budget bereitstellen, das für eine erstattungsfähige Verhütungsmethode ihrer Wahl ausgegeben werden kann – inklusive Notfallkontrazeptiva.
Die Kassen wiederum sind von den Plänen nur wenig angetan, insbesondere wegen der möglichen Kosten von 600 Millionen Euro. Der GKV-Spitzenverband betonte vor dem Gesundheitsausschuss, dass es sich bei der Abgabe von Verhütungsmitteln um versicherungsfremde Leistungen handele, die pauschal über den Bundeszuschuss abgegolten werden. Wird der Leistungsanspruch erweitert, müssten die Kosten, die den Kassen dadurch entstehen, deshalb aus steuerfinanzierten Mitteln bezahlt werden.
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