Finnische Apotheken und Krankenhäuser hatten in der vergangenen Woche mit schwerwiegenden Lieferengpässen bei dringend benötigten Medikamenten zu kämpfen. Grund war ein misslungenes Software-Update bei Oriola, einem der beiden finnischen Großhändler.
Seit Dienstag vergangener Woche hat Oriola Probleme mit der Lieferung von Medikamenten. Dabei handele es sich nicht um Schnelldreher, die jede Apotheke vorrätig habe. „Das Problem besteht bei Produkten, die man nicht unbedingt auf Lager hat, die aber für besondere Kunden bestellt werden“, erklärte Risto Kanerva, Vorstandsmitglied des finnischen Apothekerverbandes, im Fernsehen. Betroffen seien unter anderem Krebs- und Schizophreniemedikamente sowie Insulin.
Laut Medienberichten leiden 70 Prozent der Apotheken im Land unter den Engpässen. Offenbar führte ein Update am System zur Ressourcenplanung zu den Ausfällen. Oriola hatte versprochen, die Probleme bis Anfang dieser Woche zu beheben. Ob dies eingetreten ist, bestätigte der Großhändler bisher nicht.
Das Problem wird dadurch erschwert, dass es in Finnland nur zwei Großhändler gibt: Oriola und die Phoenix-Tochter Tamro. Sie vertreiben jeweils exklusiv die kompletten Sortimente bestimmter Hersteller (Einkanal-Vertrieb) und beliefern alle Apotheken und Krankenhäuser damit. Die beiden Firmen kontrollieren jeweils etwa die Hälfte des Marktes. Oriola wurde 2006 aus dem größten finnischen Pharmaunternehmen Orion ausgegründet und beschäftigt heute 2800 Mitarbeiter.
Der Lieferengpass kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Finnische Apotheker sind ohnehin nicht besonders gut auf Oriola zu sprechen, seit das Unternehmen im März ankündigte, gemeinsam mit der Supermarktkette Kesko ein Netz an Geschäften rund um das Thema Gesundheit, Schönheit und Wohlbefinden aufzuziehen. Kesko bringt knapp 2000 Geschäfte mit in die Ehe, Oriola soll die Kompetenz rund um den Vertrieb von Arzneimittel beisteuern. 25 Millionen Euro wollen die Partner zunächst investieren und noch in diesem Jahr 15 Geschäfte eröffnen.
Kurz zuvor hatte die Regierung verkündet, eine Liberalisierung des Apothekenmarktes zu prüfen. Die Partner machen kein Geheimnis daraus, dass sie sich mit ihrer Kette dafür wappnen. „Unser Plan ist es, das Geschäft auf Arzneimittel auszuweiten, sobald die Gesetzgebung das zulässt“, so Eero Hautaniemi, CEO von Oriola. Dabei wolle man – ohne Abstriche bei der Arzneimittelsicherheit – mit Service und Kompetenz punkten.
Am Ende entschied sich die von Ministerpräsident Juha Sipilä angeführte Regierung aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten gegen eine radikale Liberalisierung des Apothekenmarktes. Stattdessen wurde die Bedarfsplanung gelockert. Das Zulassungsverfahren soll vereinfacht und zugleich transparenter werden. Haupteigentümer einer Apotheke soll ein vor Ort arbeitender Pharmazeut bleiben. Parallel dazu will die Regierung aber untersuchen, ob Apotheken unter bestimmten Umständen als „offene Unternehmen“ geführt und Angestellte als Miteigentümer zugelassen werden können.
In Finnland gibt es rund 620 Apotheken mit 200 Filialen; der Durchschnittsumsatz liegt bei zwei Millionen Euro. Fremdbesitz ist nicht zugelassen, der Mehrbesitz auf drei Filialen beschränkt. Stattdessen gibt es eine strikte Bedarfsplanung: Wer sich als Apotheker selbstständig machen will, muss zunächst für einige Jahre in entlegenen Regionen am Polarkreis die Versorgung sichern, bevor er einen attraktiveren Standort zugewiesen bekommt.
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