Island

Finanzkrise trifft Apothekenketten APOTHEKE ADHOC, 14.10.2010 10:26 Uhr

Berlin - 

Der Beinahe-Zusammenbruch der isländischen Finanzwirtschaft hat auch für Apothekenketten negative Auswirkungen - Tausende Kilometer entfernt in Osteuropa und auf dem Balkan. Mit Unterstützung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) wollte die isländische Investmentfirma Milestone in Mazedonien, Serbien, Kroatien, Ungarn und Rumänien ein Filialnetz von 500 Apotheken aufziehen. Doch der Konzern stolperte über Fehlinvestitionen, und die EBRD versucht jetzt, ihre Ausfälle zu minimieren.

Milestone gehörte zum Imperium der beiden Brüder Karl E. und Steingrimur Wernersson. Deren Vater Werner Rasmusson hatte nach der Liberalisierung des isländischen Apothekenmarktes 1996 Lyf & Heilsa aufgebaut, eine der beiden dominierenden Apothekenketten des Landes. 2005 begann Milestone, zusammen mit Lyf & Heilsa und Leiftri über die Tochterfirma Pharma Investments in osteuropäische Apothekenmärkte zu investieren.

Ende 2007 stieg die EBRD bei Pharma Investments ein. Für rund 15 Millionen Euro erwarb die Bank einen 30-prozentigen Anteil am Unternehmen; der Gesamtetat wurde mit 55 Millionen Euro ausgewiesen.

Doch offenbar steckte Milestone damals bereits in finanziellen Schwierigkeiten. Über die Investmenttochter Askar Capital sowie sein Versicherungsunternehmen Sjova hatte der Konzern in den Jahren zuvor große Beträge in Luxusimmobilien in China und den USA investiert.

Als der US-Immobilienmarkt und die isländische Finanzwirtschaft zusammenbrachen, war das Schicksal von Milestone besiegelt. Die Anteile an Pharma Investments wurden der verstaatlichten Bank Glitnir übertragen, an der Milestone zuvor seinerseits als einer von mehreren Großaktionären beteiligt gewesen war. Nicht kassiert wurde dagegen offenbar Lyf & Heilsa: Im März 2008 hatten die Wernerssons die isländische Apothekenkette noch aus Milestone herausgelöst.


Für die Investments fern der Heimat wurden einige harte Entscheidungen gefällt: Pharma Investments verkaufte seinen 50-prozentigen Anteil an der kroatischen Apothekenkette Livia an den Handelskonzern Atlantica Grupa, der seinerseits die Apothekenkette Farmacija betreibt. Die ungarische Apothekenkette Eli Patika übernahm der zum weltgrößten Generikakonzern Teva gehörende Pharmagroßhändler Humantrade. Die serbischen Investments waren schon vorher an einen Privatinvestor abgegeben worden.

Dagegen behielt Pharma Investments die Investitionen in Mazedonien und Rumänien: Rund 40 Prozent der Anteile an der mazedonischen Apothekenkette Zegin gehören Pharma Investments; an der rumänischen Apothekenkette Remedio halten die Isländer 50 Prozent. Insgesamt ist Pharma Investments heute an rund 100 Apotheken in den beiden Ländern beteiligt.

Noch vor einem Jahr schien die EBRD - ein Gemeinschaftsprojekt von 61 Ländern sowie EU-Kommission und Europäischer Investitionsbank - vom Kettenprojekt der Isländer überzeugt zu sein. Im Juni 2009 beschloss die Geschäftsleitung, Pharma Investments ein weiteres Darlehen von 9 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, mit dem die Liquiditätsprobleme gelöst und das Geschäft in den osteuropäischen Ländern neu strukturiert werden sollte.

Mittlerweile scheint man aber in London von den Zukunftsaussichten des Unternehmens nicht mehr allzu überzeugt zu sein. Eine Sprecherin der Bank bestätigte, dass man die Angelegenheit an die „Einheit für Wiedererlangung“ (Corporate Recovery Unit) übergeben habe, die „den Wert der beschädigten Investitionen maximieren soll“.