Hinrichtungen

Fentanyl für Todesspritzen – US-Experten warnen

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Washington -

Eigentlich haben die USA der tödlichen Droge Fentanyl den Kampf angesagt. Doch manche Bundesstaaten wollen sie nun nutzen: bei Hinrichtungen.

US-Staaten, in denen es die Todesstrafe gibt, haben seit Jahren ein Problem: Die Medikamente zur Vollstreckung des Urteils gehen ihnen aus. Der Grund: Pharmahersteller wollen nicht mehr, dass mit ihren Mitteln getötet wird – und liefern nicht.

Die Bundesstaaten Nevada und Nebraska haben nun eine neue Idee: Sie wollen künftig einen Opioid-Mix für die Todesspritze nutzen. Kritiker und Ärzte argumentieren dagegen, zwei Exekutionen wurden von Gerichten erst mal verschoben. Und erneut steht die Frage im Raum: Gibt es einen humanen Weg zu töten?

„Es ist eine grausame Ironie, dass die Regierungen dieser Bundesstaaten zur selben Zeit verhindern wollen, dass dermaßen viele Menschen durch Opioide sterben, und nun zu ihnen greifen, um andere umzubringen“, beklagt Rechtsprofessor Austin Sarat vom Amherst College in einem Bericht der Washington Post. Derzeit grassiert in den USA eine verheerende Opioid-Epidemie, die jährlich Zehntausenden Menschen das Leben kostet.

In den 31 US-Bundesstaaten mit Todesstrafe ist die Todesspritze seit Jahrzehnten die Exekutionsmethode der Wahl. Ebenso bei Todesurteilen, die im Namen der US-Regierung vollstreckt werden. Bei den insgesamt 1465 Hinrichtungen seit 1976, die das Informationszentrum zur Todesstrafe US-weit auflistet, starben 1290 Menschen durch Giftspritzen. Lange Zeit wurden dabei jedem Todeskandidaten drei Medikamente injiziert: Ein Narkosemittel, ein Muskel-lähmendes Präparat und eines, das zum Herzstillstand führt.

Doch die Todesstrafe ist in den USA zunehmend umstritten. 19 US-Staaten haben sie komplett abgeschafft, andere setzen sie seit Jahren aus. Und seit 2010 verschärft sich die Diskussion durch die zunehmende Medikamentenknappheit. Denn die Suche nach Alternativen, eine davon ist das Betäubungsmittel Midazolam, endete nicht selten in grausamen, langen Todeskämpfen. Und selbst die Midazolam-Bestände gehen nun zur Neige.

In Nebraska und Nevada will man deshalb künftig auf Fentanyl setzen. Das als starkes Schmerz- und Narkosemittel verbreitete synthetische Opioid wirkt 120 mal so stark wie Morphium – und ist in großen Mengen tödlich. Fentanyl ist im Übermaß vorhanden. „Wir haben es einfach über unseren Pharma-Großhandel bestellt, wie jedes andere Medikament, das wir brauchen, und es wurde geliefert“, schrieb eine Sprecherin der Justizvollzugsbehörde von Nevada der Washington Post in einer E-Mail.

Doch Kritiker werfen ein, dass auch eine solche Hinrichtung mit Qualen verbunden sein könnte. Der 47-jährige Scott Dozier, der schon im November als erster mit dieser Methode hingerichtet werden sollte, sollte zunächst Valium, dann Fentanyl und schließlich ein Muskel-lähmendes Medikament erhalten. Doch ein Gericht stoppte seine Hinrichtung.

„Wenn die ersten beiden Mittel nicht wirken wie geplant oder wenn sie falsch gespritzt werden, was schon in so vielen Fällen passiert ist, dann ist man wach und bei Bewusstsein, versucht verzweifelt zu atmen, ist aber vollkommen unfähig, sich zu bewegen“, sagt Mark Heath, Anästhesist der Columbia University. Beobachter würden von diesem Todeskampf noch nicht einmal etwas mitbekommen.

Ähnliche Befürchtungen gibt es für die geplante und ebenfalls verschobene Hinrichtung von Jose Sandoval in Nebraska. Ihm soll als zusätzliches viertes Präparat ein Mittel zum Herzstillstand verabreicht werden (Kaliumchlorid), das auch zu inneren Verbrennungen führt.

„Es gibt hier keinerlei medizinische oder wissenschaftliche Basis. Es ist nur eine Serie von Versuchen: Besorg Medikamente, teste sie an Gefangenen und schau, ob und wie sie sterben“, kritisiert der Anästhesist Joel Zivot von der Emory University.

Wegen derartiger Komplikationen schaffen einige US-Bundesstaaten bereits wieder rechtliche Grundlagen für andere Methoden der Hinrichtung, etwa den Einsatz von Stickstoff als tödlichem Gas. Oder Erschießungen.

Auch die Juristin Deborah Denno von der Fordham University, die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit der Todesstrafe befasst, hält das Erschießen letztlich für die Methode, bei der es die wenigsten grausamen Zwischenfälle gibt. Der Grund, warum dennoch nach chemischen Alternativen Ausschau gehalten werde, sei, dass es nicht wirklich um den Gefangenen gehe, sagt Denno. „Es geht ihnen um die Leute, die dabei zuschauen. Wir wollen nicht, dass Exekutionen aussehen wie das, was sie tatsächlich sind: Jemand anderen zu töten.“

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