Herba Chemosan

Engpässe: Apotheker zeigen Großhändler an

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Berlin -

Der österreichische Großhändler Herba Chemosan hat erneut Ärger: Mehrere Apotheker und Mitbewerber haben eine Beschwerde bei der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) eingereicht. Sie werfen dem Branchenprimus vor, Apotheken mit Knebelverträgen zu binden und gemeinsam mit dem US-Mutterkonzern McKesson Landeskontingente festzulegen. Herba Chemosan weist die Vorwürfe entschieden zurück und kritisiert das intransparente Vorgehen der Beschwerdeführer.

Herba Chemosan ist der größte Player in der österreichischen Großhandelsbranche. Rund 90 Prozent aller österreichischen Apotheken werden von ihm beliefert, er hält einen Marktanteil von 43 Prozent. Die Vorwürfe der Apotheker wiegen schwer: Seine marktbeherrschende Stellung soll der Großhändler ausgenutzt haben, um Knebelverträge durchzusetzen, Länderkontingente festzulegen und so den Markt künstlich zu verknappen. Damit sei Herba Chemosan verantwortlich für Lieferengpässe. Neben Knebelverträgen und Marktverengung werfen die Beschwerdeführer Herba Chemosan auch Preisabsprachen mit zwei nicht näher genannten Mitbewerbern vor.

Bei Herba Chemosan hält man nichts von den Vorwürfen. „Wir weisen das ausdrücklich und zu 100 Prozent zurück“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Natürlich gebe es Lieferengpässe, aber das Problem sei keineswegs auf Österreich beschränkt. Auch in anderen europäischen Ländern seien hunderte Arzneimittel nicht verfügbar, das eigentliche Prooblem sei die Konzentration bei den Wirkstoffherstellern. Herba Chemosan arbeite vielmehr daran, die Engpässe durch seine Beschaffungspolitik abzumildern. „Wir haben mittlerweile sogar ein eigenes Team, das nur damit beschäftigt ist, die Folgen von Lieferengpässen abzufedern und die Versorgung unserer Kunden sicherzustellen“, so der Sprecher.

Der Bundeswettbewerbsbehörde zufolge ist eine „fundierte Anzeige“ eingangen, die nun geprüft werde. Allerdings sei noch gar nicht klar, ob überhaupt ein Verfahren eröffnet werde – die bisher verfügbaren Informationen stammten allesamt aus den Medien, kritisiert Herba Chemosan. Der Großhändler selbst habe noch gar keine offizielle Bestätigung der Vorwürfe gegen ihn. „Wir selber wissen nichts über den Inhalt außer das, was in den Medien steht. Die Behörde prüft erst einmal, ob sie selbst tätig wird.“ Auch wer die Beschwerde eingereicht hat, sei noch gar nicht klar. „Wir wissen es nicht und wollen auch gar nicht mutmaßen, wer dahintersteht“, so der Sprecher. Allerdings könne er versichern, dass es nicht die Mehrheit der Apotheker sei, die die Beschwerde unterstütze. „Das Erfreuliche ist, dass unsere Kunden zu uns stehen. Einige Apotheker haben uns gegenüber mit Mitleid reagiert, dass man uns jetzt vor die Wettbewerbsbehörde ziehen will.“

Der Fall könnte auch politische Auswirkungen haben. Die österreichischen Grünen haben sich in die Debatte eingeschaltet und fordern nicht nur eine Prüfung von Herba Chemosan, sondern der ganzen Großhandelsbranche. „Ich teile den Verdacht, dass der Großhandel das Angebot verknappt“, sagte Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner. Das hätten ihm Apotheken nahegelegt. Beim österreichischen Großhandelsverband Phago weist man diese Vorwürfe zurück: Es würde demnach gar keinen Sinn machen, das Angebot zu verknappen – schließlich seien die Preisspannen gesetzlich festgelegt. „Wir würden damit ja unserem eigenen Geschäft schaden“, sagt auch der Sprecher von Herba Chemosan. Allerdings wollen die Grünen auch die strukturelle Beteiligung von Großhändlern an Apotheken unter die Lupe nehmen – auch hier ist Herba Chemosan ein großer Player, der Beteiligungen an vielen Apotheken hält. Das Thema sorgt schon seit Jahren für Streit in der österreichischen Apothekenbranche.

Lieferengpässe sind bereits das zweite Thema, bei dem sich Herba Chemosan in kurzer Zeit den Unmut vieler Apotheker in Österreich zugezogen hat. Erst Ende November waren viele Pharmazeuten wegen eines eigentlich kleinen Fauxpas der McKesson-Tochter erzürnt: In Österreich wurde nämlich das ganze vergangene Jahr über sogenannte Hausapotheken gestritten. Unter bestimmten Umständen dürfen Ärzte in der Alpenrepublik nämlich dispensieren. Hintergrund ist die schlechter werdende Versorgungslage auf dem Land – die Ärzte wollen die mit mehr Hausapotheken lösen und fordern deshalb eine Liberalisierung des Systems, die öffentlichen Apotheken halten dagegen und verweisen auf die unfaire Konkurrenz durch die dispensierenden Ärzte und die gesetzliche Ordnung des Nebeneinanders von Apotheken und Ärzten. Eine Liberalisierung des Hausapothekenrechts würde demnach das Ende hunderter Apotheken in Österreich bedeuten.

Da passierte es Herba Chemosan, dass sich in der Belieferung einer Apotheke in Niederösterreich ein Stapel Papiertüten fand, die offensichtlich für eine dispensierende Ärztin gedacht waren. „Zum Glück gibt es meine Hausärztin mit Hausapotheke“, stand auf ihnen. Das eigentlich banale Ereignis verbreitete sich in Windeseile und führte zu Protesten von Apothekern gegen den Großhändler.

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