Großbritannien

Einbrecher wollen Arzneimittel klauen – und vergiften sich

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Berlin -

Zwei britische Arzneimitteldiebe haben versehentlich einen Skandal im Gesundheitswesen aufgedeckt – und dabei ihre eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt. Die beiden drogenabhängigen Kleinkriminellen stiegen in ein Gebäude ein, in dem Medikamente für den staatlichen Gesundheitsdienst NHS gelagert wurden. Sie fanden jedoch nicht, was sie erwartet hatten.

Berge von Müllsäcken, tausende Packungen verschreibungspflichtiger Arzneimittel, Kanülen und sogar Leichenteile: Was die Polizeibeamten in einem Gebäude in Longbenton bei Newcastle vorfanden, war nach Aussage eines Beteiligten „jenseits der Vorstellungskraft“. Gekommen waren sie wegen zwei Einbrechern, die erstens Pech hatten und sich zweitens auch noch dumm anstellten.

In dem Gebäude hatte das Unternehmen Healthcare Environmental Services nämlich als einer der zahlreichen Vertragspartner des NHS medizinische Abfälle gelagert. Vor mehr als einem Jahr ging das Unternehmen allerdings in die Insolvenz, der NHS-Vertrag erlosch damit. Doch statt die eingelagerten Gefahrenstoffe ordnungsgemäß zu entsorgen, verschwand das Unternehmen einfach und ließ sie zurück. Rund ein Jahr lang rotteten die Arznei- und Hilfsmittelreste dort vor sich hin, ohne dass es jemand bemerkt hat.

Dann kamen Barry Watson und Jamie Pollard. Die beiden 36 und 40 Jahre alten Kriminellen wussten um die vorherige Benutzung des Gebäudes und erhofften sich, darin teure verschreibungspflichtige Medikamente zu finden. Zwar war das Gebäude durch Kameraüberwachung gesichert, doch Watson und Pollard konnten sich durch Aufhebeln eines Fensterladens leicht Zutritt verschaffen. In das Gebäude eingedrungen, suchten sie sich verschiedene Arzneimittel zusammen und packten sie in eine Plastiktüte, mit der sie die Flucht antraten. Doch sie hatten die Rechnung ohne den Sicherheitsdienst gemacht.

Denn als sie das Gebäude wieder verließen, entdeckte sie ein Wachmann und nahm die Verfolgung auf. Als er die beiden hinterherrief, dass sie stehenbleiben sollen, drehte sich Watson um und versuchte ihm einen Kinnhaken zu verpassen, dem er gerade noch ausweichen konnte. „Los, gib’s ihm!“, habe Pollard dabei geschrien. Also trat der Wachmann den Rückzug an und informierte die Polizei – die sich auf die Lauer legte.

Und das war die richtige Entscheidung, denn am nächsten Morgen um 9.40 Uhr kehrten die beiden zurück. Das hatte einen einfachen Grund: „Schon bei Betreten der Anlage war zu erkennen, dass abgelaufene verschreibungspflichtige Arzneimittel frei zugänglich sind und auf dem Boden herumliegen“, so Pollards Verteidiger vor Gericht. „Deshalb kamen die beiden am nächsten Tag wieder.“

Als Pollard gerade durch ein Loch im Zaun fliehen wollte, griff die Polizei zu. Nach einer kurzen Verfolgungsjagd zu Fuß hatten sie ihn. Watson fanden sie im Innern des Gebäudes, er hatte sich auf einem Zwischengeschoss inmitten von Tablettenflaschen versteckt. Beide zeigten laut Polizeiangaben Vergiftungserscheinungen und wurden umgehend in ein Krankenhaus gebracht, wo sie aufgrund der Gefahrenstoffe, mit denen sie in Kontakt gekommen waren, erst einmal dekontaminiert werden mussten. Kürzlich wurden sie für den Einbruch, der schon im September stattfand, verurteilt: zu jeweils sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung in Kombination mit Sozialstunden. Für die ehemaligen Betreiber des Lagers könnten die Folgen noch drastischer sein.

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