In Vorermittlungen zur neuen Rezeptur eines Schilddrüsenmedikaments haben Polizisten die Frankreich-Zentrale des
deutschen Pharmaherstellers Merck durchsucht. Man arbeite vollständig mit den Ermittlern zusammen und stelle ihnen alle
erbetenen Informationen zur Verfügung, teilte der Konzern am Dienstag mit. „Wir haben zu diesem Zeitpunkt keine weiteren
Kommentare abzugeben.“
Hintergrund sind Beschwerden von Patienten, die von unerwünschten Nebenwirkungen der in Frankreich eingeführten neuen Rezeptur des Mittels Levothyrox berichtet hatten. Merck hatte die neue Zusammensetzung auf Bitte der französischen Medikamentenbehörde ANSM entwickelt.
Die Durchsuchung bei Merck wurde der französischen Nachrichtenagentur AFP aus Ermittlerkreisen bestätigt. Der Staatsanwalt von Marseille, Xavier Tarabeux, sagte der Agentur, dass derzeit keine Befragungen geplant seien. Die Behörde hatte Mitte September nach einer Reihe von Anzeigen eine Voruntersuchung eingeleitet.
Gesundheitsministerin Agnès Buzyn hatte vor einigen Wochen gesagt, dass es 9000 Meldungen über Nebenwirkungen gebe. Insgesamt nehmen ihren Angaben zufolge etwa drei Millionen Menschen in Frankreich das Medikament. Buzyn hatte damals davon gesprochen, dass viele Nebenwirkungen verschwänden, wenn die Dosierung angepasst werde.
In einem weiteren Interview erklärte die Ministerin, es habe eine mangelnde Information der Patienten bei der Umstellung gegeben. Seit Montag ist für Betroffene mit anhaltenden Nebenwirkungen nach Angaben der Behörde ANSM auch die alte Zusammensetzung des Medikaments wieder in Frankreich erhältlich.
Immer mehr Franzosen in der Grenzregion decken sich daher in Deutschland mit dem Medikament ein. „Französisches Levothyrox in der alten Zusammensetzung – lieferbar in unserer Apotheke!“ So informierte die Stadt-Apotheke in Kehl ihre französischen Kunden auf ihrer Homepage. Seit Wochen kommen laut Inhaber Gerald Albrecht immer mehr Franzosen über die Grenze, um das Schilddrüsenmedikament zu kaufen.
Im August wurde eine Petition mit dem Ziel gestartet, die alte Version des Medikaments wieder zugänglich zu machen. In kürzester Zeit wurde sie von mehr als 200.000 Menschen unterschrieben. Das Gesundheitsministerium in Paris räumt laut einem Bericht von Deutschlandfunk ein, in Einzelfällen könnten übergangsweise gesundheitliche Probleme auftreten. Die oberste Gesundheitsbehörde ließ sogar Ende August eine kostenlose Hotline einrichten. Mehrere zehntausend besorgte Patienten hätten sich bereits gemeldet. Patientenorganisationen sollen nach Medienberichten gegen Merck Klage eingereicht.
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