Apothekerin Gisela Weber-Mezghani geht eine ungewöhnliche Liaison ein. Die Pharmazeutin kooperiert zukünftig mit der dänischen Drogeriekette Matas. Diese verfolgte jahrelang das Geschäftsmodell, verschreibungspflichtige Arzneimittel auch außerhalb der Apotheke an den Mann zu bringen. Die Apothekerverbände protestierten. Jetzt schreiben Weber-Mezghanis Løveapothek und Matas in Sonderburg Geschichte: Drogeriemarkt und Apotheke gehen Hand in Hand. Für die Inhaberin ist das eine „Win-win-Situation“.
Weber-Mezghani ist sich der kontroversen Entscheidung bewusst: „Ach, das war da damals mit dem Kommissionierer das gleiche. Ich war die Erste, die den Roboter in der Apotheke hatte. Die anderen hatten zu viel Angst“, sagt sie. Die 49-jährige Apothekerin kannte die Automaten bereits aus Deutschland und wollte sie in ihrem Heimatland etablieren. „Ich bin immer auf der Suche nach etwas Neuem, etwas, was du in Apotheken in Dänemark nicht findest.“
In einem 400 Quadratmeter großen Geschäft im Stadtzentrum Sonderburgs bekommt die Apothekerin 60 Quadratmeter Platz, um ihre Filiale zu errichten. „Ich habe ja nur eine Ecke in dem Einkaufszentrum”, sagt die Apothekerin. Derzeit finden Umbauarbeiten statt. „Den Boden machen die. Die Ausgaben für das Inventar sind anteilig. Durch die Fusion sind aber allgemein die Kosten geringer.“ Weber-Mezghani findet das Konzept sehr interessant, die Vorteile würden auf der Hand liegen. „Ich bekomme Kunden von Matas, sie bekommen Kunden von mir – es ist eine Art Sparring.”
„Shop-in-shop-Solutions“ nennt sich das Konzept, das erst seit dem vergangenen Frühling existiert und die Kooperation möglich macht. Das dänische Parlament hatte im April 2015 einhellig das Apotheken-Modernisierungsgesetz beschlossen. Pharmazeuten können seitdem sieben anstatt vier Filialen besitzen. Die Filialen dürfen maximal 75 Kilometer von der Hauptapotheke entfernt sein. „Vorher war es ohne Erlaubnis des Gesundheitsministeriums gar nicht möglich, eine Filiale zu eröffnen“, sagt Weber-Mezghani.
Laut neuem Gesetz müssen nicht immer Apotheker in der Filiale sein, PTA können die Beratung und Abgabe der Medikamente übernehmen. Die neue Regelung trägt den Namen „Apoteksudsalg“, es bezeichnet die Abverkaufsstelle. Patienten können hier auch rezeptpflichtige Arzneimittel abholen. Das war ein Grund, weshalb Weber-Mezghani die Idee mit Matas verfolgte. „Es war ein gutes Angebot und es muss sich ja lohnen. Obwohl es schon komisch ist. Vor einem halben Jahr wollte ich eigentlich keine Filiale mehr“, so Weber-Mezghani.
Neu ist auch die folgende Regelung: „Nur die Apotheke darf heilende Kosmetik abgeben, keine dekorativen Arzneimittel. Naturheilmittel hat Matas auch“, so Weber-Mezghani. Offen bleibt allerdings die Frage des Apothekennamens. „Ich warte noch auf die Genehmigung des Gesundheitsministeriums. Hoffentlich heißt sie dann Løveapothek. Der Beamte hat gesagt, dass er das schnell bearbeiten will“, sagt Weber-Mezghani.
Die Drogeriekette Matas sei übrigens vom Plan abgegangen, Rx-Arzneimittel außerhalb der Apotheken abgeben zu wollen, sagt Weber-Mezghani. „Matas ist eine Aktiengesellschaft, die wollen Geld machen und Kosten sparen, klar. Mit mir im Laden müssen sie sich nicht um den Versand oder das Warenlager kümmern.“ Tatsächlich kündigte die Drogeriekette Anfang des Jahres ein neues Konzept mit dem Namen „Altid“ an, bei dem Kunden offenbar preiswert Markenartikel kaufen können.
Die Apothekerin wurde 1967 in Dänemark geboren. Ihr Großeltern und Eltern kommen aus Deutschland, aus Schwarzenberg im Erzgebirge. Weber-Mezghani hat in Kiel, Eckenförde und Düsseldorf studiert. 1998 kam sie zurück aus Deutschland, 2003 übernahm die Pharmazeutin ihre erste Apotheke. Neben der Apotheke in Sonderburg hat sie eine weitere Apotheke in Nordborg und deren Filiale in Guderup.
Dänemark hatte zuletzt mit Abstand die geringste Apothekendichte Europas: Vor dem Modernisierungsgesetz gab es rund 250 Apotheken in Dänemark mit weiteren 60 Filialen. Während in Deutschland auf eine Apotheke 3820 Einwohner kommen, sind es in Dänemark fast 17.000. Dort dürfen manche OTC-Arzneimittel auch außerhalb der Offizin verkauft werden.
Seitdem das Modernisierungsgesetz besteht, gab es im ganzen Land 84 Apotheken-Neueröffnungen, von denen nur fast jede Zehnte eine Hauptapotheke war. Eine der nächsten Eröffnungen wird am 30. September in Sonderburg stattfinden: Dann öffnen Matas und Weber-Mezghanis Filiale die Türen.
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