Österreich

„Apotheken müssen Geschichten erzählen“

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Berlin -

Seit einigen Jahren kommuniziert die Österreichische Apothekerkammer (ÖAK) über die neuen Medien. Und das äußerst erfolgreich: Für die Kampagnen gab es zahlreiche Preise und Auszeichnungen, jüngster Neuzugang ist der VISION.A Award für die Apotheken-App „Apotheken und Medikamente“. Doch nicht die Apothekerkammer selbst steht im Fokus der digitalen Kommunikation, sondern einzig und allein die Apotheke vor Ort.

„Drogerien sind uns ganz schön nah gekommen“, sagt Gudrun Kreutner. Die Kommunikationschefin der ÖAK meint damit die Diskussion, die seit einigen Jahren in Österreich geführt wird: Mit aller Macht drängen Ketten wie dm darauf, endlich Medikamente verkaufen zu dürfen. „Das lassen wir nicht zu“, betont Kreutner.

Das Problem: Wenn man einen Österreicher heute frage, ob er seine Medikamente sowohl Apotheken als auch in Drogerien kaufen würde, laute die Antwort: „Warum eigentlich net?“ Daher gelte es, den Menschen die Werte der Apotheken vor Augen zu führen und sich so von den Drogerien abzugrenzen. Kreutner will erreichen, dass Apotheken immer mit tiefen Emotionen und nicht mit einem Produkt oder einem Shoppingerlebnis verbunden werden. „Emotionen lassen sich aber nur über Geschichten transportieren“, ist Kreutner überzeugt. Um auch sogenannte Digital Natives zu erreichen, nutzt die Kammer seit einigen Jahren intensiv moderne Kommunikationskanäle wie Facebook, Youtube, Instagram und Twitter. „Aber egal, was wir machen: Das Ziel ist es immer, die Apotheke vor Ort zu stärken“.

Angefangen habe alles mit der Kampagne „Auf der sicheren Seite“, mit der Kammer, Innen- und Gesundheitsministerium sowie Polizei vor gefälschten verschreibungspflichtigen Medikamenten aus dem Internet gewarnt hatten. Die zentrale Anlaufstelle der Kampagne war Facebook: Dort konnten sich die Nutzer über aktuelle Fälle und gesundheitliche Folgen von Arzneimittelfälschungen, über Aufgriffe Krimineller, aber auch über die Dienstleistungen in den Apotheken informieren. Die Botschaft: „Schütze dich vor gefälschten Pillen aus dem Internet. Komm in die Apotheke“.

„Uns war klar, dass wir den Schritt in die Online-Welt wagen müssen, um jene Zielgruppe zu erreichen, die im Internet rezeptpflichtige Medikamente bestellt“, berichtet Kreutner. Die Kampagne sei sehr erfolgreich gewesen. „Deshalb haben wir beschlossen, unsere digitale Kommunikation auszuweiten.“ Mittlerweile seien digitale Medien ein zentraler Bestandteil der Kommunikation. Unterstützung bekommt Kreutner und ihr Team von Experten der Agentur Datenwerk.

Auf dem Youtube-Kanal der Kammer findet man Videos zu aktuellen Themen, aber auch Kurzfilme über besondere Apotheken und darüber, was Apotheken für die Arzneimittelversorgung eigentlich alles leisten. Videos stellen laut Kreutner einen wichtigen Teil der Strategie dar. Aber auch hier gehe es darum, nicht nur Informationen, sondern auch Gefühle zu transportieren. „Daher erzählen wir nur noch Geschichten über die Welt der Apotheken“, sagt sie.

Um eine wirklich junge Zielgruppe zu erreichen, bedient sich die Kammer seit Neustem des bei jungen Menschen beliebten Foto- und Videodienstes Instagram. Eigens dafür sei der Instawalk ins Leben gerufen worden. Dabei werden Instagram-User und Influencer zu exklusiven Führungen in besondere Apotheken eingeladen. Die Gäste machen bei diesen Führungen Bilder und Videos und posten sie dann unter dem Hashtag #apowalk. „Für Instawalk müssen wir die richtigen Leute finden, die die Geschichten weitererzählen“, betont Kreutner. Zuletzt sei man bei zwei historischen Apotheken in Wien zu Gast gewesen. Demnächst soll eine moderne Apotheke ihre Türen öffnen.

Die Kammer hat im vergangenen Jahr außerdem begonnen, Blogger-Events in Apotheken zu organisieren. Zur ersten Auflage wurden sogenannte „Mama-Bloggerinnen“ eingeladen, die Blogs rund ums Leben mit Kindern betreiben. Kurz vor Weihnachten konnten sie in den Apotheken lernen, was man selbst schnell zubereiten kann, wenn die Kinder an Erkältung, Husten, Erbrechen, Durchfall, leichten Schürfwunden oder Windelausschlag leiden. Herausgekommen sind nicht nur Beiträge in den Blogs der Frauen, sondern auch ein Video mit fünf konkreten Tipps für Eltern, das wiederum unter anderem auf dem Youtube-Kanal der Kammer veröffentlicht wurde.

Um Apotheker bei ihren ersten Schritte in der digitalen Kommunikation zu unterstützen, hat die Kammer außerdem eine geschlossene Facebook-Gruppe gegründet, die von der Kommunikationschefin höchstpersönlich betreut wird. „In dieser Gruppe bringen wir Apothekern bei, wie sie eine Facebook-Seite erstellen und gestalten können“, erklärt Kreutner. Auf der Seite können Apotheker Texte, Bilder und Grafiken für ihre eigenen Social-Media-Aktivitäten downloaden. Jede Woche stellt die Kammer laut Kreutner vier fertige Postings rein, die die Apotheker entweder komplett übernehmen oder für die eigenen Bedürfnisse anpassen können.

Parallel wurden 14 Facebook-Workshops angeboten, an denen nach Angaben der Kammer knapp 400 Apotheker teilgenommen haben. Das Ziel sei es, Apotheker „an die Hand zu nehmen“ und ihnen zu erleichtern, auf Facebook aktiv zu werden. Aber auch für sehr aktive Facebook-User würden interessante Themen präsentiert. Es gehe vor allem um die Fragen: „Was ist eine gute Story? Wie erstelle ich einen Facebook-Event? Wie lade ich ein Video auf meinen Facebook-Account? Wie darf ich mit Facebook für meine Apotheke werben?“.

„Es bringt nichts, auf Facebook irgendwelche Postings zu Produkten zu veröffentlichen“, ist Kreutner überzeugt. Damit würden Apotheken nicht ein einziges Produkt mehr verkaufen. Dafür sei der Kanal auch gar nicht da. Das Ziel sei es, Kundenbindung herzustellen und zu stärken. „Dafür braucht man aber in erster Linie Geschichten.“ Statt also die nächste Produktwerbung hochzuladen, sollten Apotheker überlegen, welche authentische Geschichte sie ihren Kunden erzählen möchten. „Hat ein Team-Mitglied bei einem Wettbewerb gewonnen? Ist eine Mitarbeiterin aus der Elternzeit zurück und freut sich darauf, die Kunden zu betreuen?“, so Kreutner.

Apotheker sollen auch nicht enttäuscht sein, wenn sie keine große Fangemeinde haben. „Die Erkenntnis 'Qualität vor Quantität' trifft wie so oft auch hier zu“, betont sie. „5000 Karteileichen bringen überhaupt nichts.“ Viel besser seien 300 aktive Fans. Wenn unter jedem Posting 50 Kommentare stünden, dann habe der Apotheker alles richtig gemacht.

Derzeit hat die Gruppe nach Angaben von Kreutner 550 Mitglieder. Mit der Zeit habe sie sich zudem zu einem Kommunikationskanal zwischen der Kammer und Apotheken entwickelt. „Die Mitglieder haben entdeckt, dass sie auf diesem Weg Fragen stellen können und sie auch sehr schnell beantwortet bekommen“, so die Kommunikationschefin. „Ich bin tatsächlich täglich drei bis vier Mal auf der Seite der Gruppe.“ Apotheker sollen sich trauen, die digitalen Kanäle stärker für die Kommunikation mit ihren Kunden zu nutzen, empfiehlt die Kommunikationsexpertin.

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