Die fröhlichste Apotheke Österreichs Silvia Meixner, 29.10.2017 09:58 Uhr
Du kommst grimmig und gehst lächelnd – in der Cottage-Apotheke in Wien könnte das passieren. Apothekerin Nina Fuchs und ihr Team haben sich darauf spezialisiert, ihren Kunden ein Lächeln zu entlocken. Sie arbeiten mit indischen Tricks und einem Spezial-Spiegel.
Der hängt gleich neben dem Eingang und ist mit einem Sensor ausgestattet. „Wenn jemand vorübergeht, ertönt leises Lachen“, sagt Fuchs. Nun ist eine Apotheke nicht zwingend ein lustiger Ort. Nicht jeder braucht nur Aspirin oder Vitamine, auch Schwerkranke gehören zu den Kunden. „Jeder kann ein Lachen gebrauchen“, sagt die Apothekerin.
Spätestens wenn sie mit ihrem Stempel ein lachendes Herz auf die Rechnung drückt, sind Krankheit und Sorgen für kurze Zeit vergessen. „Ich gebe Ihnen noch ein Lachen mit für einen schönen Nachmittag und wünsche Ihnen schnelle Genesung“, gibt sie den Patienten oft mit auf den Weg: „Viele bedanken sich dafür.“
Sie erzählt, wie aus einer normalen Apotheke ein Zentrum des Frohsinns wurde: „Ich bin vor vier Jahren auf Lach-Yoga gestoßen. Ich lache gern und war auf der Suche nach Infos zum Thema.“ Umgehend flog sie nach Indien und machte einen Kurs bei Madan Kataria, einem praktischen Arzt und Yogalehrer aus Mumbai. Er verbreitet unermüdlich Lach->oga in aller Welt, bei Anflügen schlechter Laune hilft ein Besuch seiner skurrilen Youtube-Videos.
Lach-Yoga bedeutet, dass ohne Witze und ohne Grund gelacht wird. Kataria vertritt die Ansicht, dass die Wirkung des Lachens unabhängig vom Grund ist. Er sagt: „Wir lachen nicht, weil wir glücklich sind, wir sind glücklich, weil wir lachen.“ Lachen ohne Grund kann man trainieren. Im Idealfall geht ein anfangs künstliches Lachen in ein „richtiges“ über. Nina Fuchs wurde in Indien zwar nicht erleuchtet, aber sie kam fröhlich zurück. „Ich habe gemerkt, wie befreiend es ist und wie es die Stimmung hebt. Da habe ich überlegt, wie ich es für mein Team und meine Kunden einsetzen kann.“
Es geht nicht um ein aufgesetztes Verkäuferlächeln. Das kann jeder und der Kunde merkt sofort, dass es nur Fassade ist. Es geht um ein Gefühl, das von Herzen kommt. Zweifler könnten fragen, ob man das trainieren kann. Experten sagen: Ja, das geht. Und es wird sogar erforscht. Die Gelotologie (von „Gelos“, griechisch für „Lachen“) ist die Wissenschaft der Auswirkungen des Lachens. Dass Lachen gesund ist, ist schließlich eine alte Weisheit.
Einige Forscher wollen es ein bisschen genauer wissen. Sie haben herausgefunden, dass durch das Lachen entzündungshemmende und schmerzstillende Substanzen freigesetzt und Stresshormone abgebaut werden. Außerdem wird der Sauerstoffaustausch im Gehirn erhöht, das Herz-Kreislaufsystem erhält neuen Schwung und der Stoffwechsel wird angeregt. Und das alles, während „nur“ die Atmung stakkatoartig unterbrochen wird. Durch die ruckartigen Bewegungen des Zwerchfells wird Atemluft aus der Lunge gestoßen.
Es gibt allerdings auch Kontraindikationen, Lachen ist tatsächlich nicht für jeden gesund. So wird zum Beispiel bei Angina pectoris, Zwerchfellbruch, Rippenbrüchen, Harn- und Stuhlinkontinenz, Bandscheibenvorfall, Aneurysma, Glaukom oder nicht kontrolliertem Bluthochdruck von Lach-Yoga abgeraten.
Natürlich gibt es auch in einer Lach-Apotheke schwierige Kunden. Jene zwei Prozent, die partout nicht lächeln möchten oder anstrengend sind. „Dann machen wir Lachübungen“, sagt Fuchs. Lachen sei schließlich ein Ventil. „Lachübungen fördern das Teamgefühl und bringen neue Energie. Wer jeden Tag im Verkauf steht, braucht gute Nerven.“ Neue Mitarbeiter schickt die Wiener Apothekerin erst mal in ein Seminar. Vor einem Jahr gründete sie ein Lachzentrum, in dem man Lachkurse machen kann. Jeden Montag um 18.30 Uhr treffen sich interessierte Menschen. Statt einer Gebühr erbittet sie eine Spende zwischen fünf und zehn Euro, das Geld geht an die Klinik-Clowns.
Mittlerweile wurden auch Kollegen auf die erfolgreiche Wiener Apotheke aufmerksam. Während Fuchs anfangs eher belächelt wurde, haben die Mitbewerber erkannt, dass ein fröhlicher USP (Unique Selling Point) für Stammkunden sorgt und die Kasse klingen lässt. „Ich werde immer öfter gefragt, wie ich das mache“, sagt Fuchs. Es ist kein Geheimnis. Man muss nur lachen wollen.