Dj Bobo soll Patienten in Luzern ein bisschen erziehen: Ab sofort lächelt der Schweizer Musiker von Plakaten und verkündet: „Gehen Sie nicht wegen jedem Bobo zum Arzt!“ Des Sängers Honorar dafür liegt bei 100.000 Schweizer Franken (rund 87.600 Euro).
Es geht ums Sparen. Der Kanton will mit der Aktion erreichen, das Kostenwachstum im Gesundheitswesen und in der Folge die Prämienexplosion zu bremsen. Experten des Bundesrates schätzen, dass 20 Prozent der Behandlungen unnötig oder unwirksam sind. DJ Bobo soll nun daran erinnern, dass man vielleicht nicht jedem Halskratzen oder wegen jeder leichten Magenverstimmung gleich zum Arzt rennen muss.
Ein medizinischer Rat des erfolgreichsten Schweizer Sängers, der aus dem Kanton Aargau stammt: „Bei Heiserkeit muss ich meine Stimme schonen. Mit Salzwasser gurgeln hilft da genauso gut wie eine halbe Stunde beim Hausarzt.“ Mit dem Plakat soll an die Eigenverantwortung der Patienten appelliert werden. Wer eigenverantwortlich mit Salzwasser gurgelt, hilft mit, die hohen Gesundheitskosten zu senken. Seit 1995 ist der Anteil der Gesundheitskosten im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt stetig gestiegen. 2016 lagen die Gesundheitsausgaben bei rund 12 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Jeder achte Franken fliesst somit in die Gesundheitsversorgung. Die Kosten liegen im Kanton Luzern zwar unter dem schweizerischen Durchschnitt, der Kostenanstieg unterscheidet sich aber nicht vom nationalen.
Der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf erläutert die Plakat-Aktion: „Jeder Bagatellfall verursacht unnötige Kosten.“ Die Notfallpraxen im Kanton Luzern seien teilweise überlastet, dies gehe auf Kosten jener Patienten, die tatsächlich Notfälle seien. Zwischen 2013 und 2017 ist die Zahl der Arztbesuche in der Schweiz um zehn Prozent gestiegen.
Die Luzerner Gesundheitsexperten betonen, dass sie nicht generell vom Arztbesuche abraten möchten. Kantonsarzt Roger Harstall sagt: „Es geht nicht darum, mit der Kampagne die Früherkennung von ernsten Krankheiten zu unterlaufen. Allerdings suchen heute viele Menschen schon mit einer einfachen Erkältung ärztlichen Rat, obwohl sie die Symptome gut selbst behandeln könnten.“
Dem renommierten Schweizer Gesundheitsökonomen Heinz Locher gefällt die Bobo-Kampagne gar nicht. „Man sollte den überforderten Menschen besser Hilfe anbieten, statt den Moralapostel zu spielen“, sagt er gegenüber der Tageszeitung Blick.
Er hat bei seiner Kritik Matthias Müller vom Verband Santésuisse auf seiner Seite, der die Kampagne ebenfalls nicht gut findet. „Es ist gut und recht, wenn man dazu aufruft, nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt zu gehen. Fakt ist aber: Oft sind es die Ärzte, die Patienten zu häufig aufbieten.“
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