69-Milliarden-Dollar-Deal

Kette + Kasse: Totale Vertikalisierung

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Woodsocket/Hartford -

Die US-Apothekenkette CVS will den Krankenversicherer Aetna für rund 69 Milliarden US-Dollar (58 Milliarden Euro) übernehmen. Eine entsprechende Einigung gaben die Konzerne jetzt bekannt. Die Vereinbarung sieht vor, dass der Kettenkonzern 207 Dollar je Aetna-Aktie zahlt. 145 Dollar sollen bar fließen, der Rest in eigenen Anteilscheinen fällig werden.

Inklusive übernommener Schulden beziffern die Konzerne den Kaufpreis auf 77 Milliarden Dollar. Es handelt sich damit um eine der bislang größten Übernahmen des Jahres. CVS und Aetna rechnen damit, den Deal in der zweiten Jahreshälfte 2018 abzuschließen. Aktionäre und Aufsichtsbehörden müssen allerdings noch zustimmen.

Nicht zuletzt, weil der Online-Riese Amazon dem Einzelhandel zusetzt, steht CVS unter wachsendem Konkurrenzdruck. Durch den Kauf des Krankenversicherungsriesen Aetna, der mehr als 22 Millionen Versicherte hat, würde die rund 9700 Filialen und etwa 1100 ambulante Kliniken zählende Kette ihr Geschäft deutlich breiter aufstellen. Auch der US-Versicherungsmarkt ist jedoch hart umkämpft, weshalb Branchengrößen wie Aetna schon länger nach Fusionspartnern Ausschau halten. Erst Anfang 2017 musste der Konzern wegen Bedenken der US-Kartellwächter die Übernahme des Rivalen Humana abblasen.

Ob die Wettbewerbshüter dem Aetna-Kauf durch CVS zustimmen, bleibt abzuwarten. Nach Einschätzung von Experten dürften die Chancen diesmal jedoch besser stehen, da es um einen sogenannten vertikalen Zusammenschluss zweier Konzerne geht, die nicht in direkter Konkurrenz stehen und die Versicherungsbeiträge sogar sinken könnten.

Dieser Mega-Deal würde den US-Gesundheitsmarkt kräftig aufmischen. Es wäre eine ungewöhnliche Allianz, die Kette und Krankenversicherung verzahnen würde. Solche Modelle gibt es bislang nur wenige auf der Welt; in den Niederlanden hatten vor einigen Jahren ein paar Apotheken einer Krankenkasse gehört. Auch in den USA ist die Vertikalisierung bislang auf Ketten und die sogenannten Pharmacy Benefit Manager (PBM) beschränkt. PBM verhandeln die Arzneimitteltarife für Arbeitgeber und Krankenversicherungen und können damit die Versichertenströme steuern: Nur Apotheken, die sich den Konditionen beugen und einen Vertrag haben, dürfen die Rezepte der entsprechenden Versicherten beliefern. Im großen Umfang werden Medikamente auch direkt durch die hauseigenen Versandapotheken verschickt.

CVS hatte sich vor einigen Jahren den PBM Caremark einverleibt. Konkurrent Walgreens hatte CVS im vergangenen Jahr jedoch mit mehreren Exklusivvereinbarungen mit anderen PBM eiskalt erwischt: Im März hatte Walgreens eine Partnerschaft mit OptumRx geschlossen, einem der führenden PBM mit 65 Millionen Mitgliedern. Im August unterzeichnete Prime Therapeutics einen Vertrag mit der führenden Apothekenkette; der Deal brachte weitere 22 Millionen potenziellen Neukunden. Im September gab es schließlich auch noch einen Zuschlag mit Tricare, der Krankenversicherung des US-Militärs mit knapp 10 Millionen Mitgliedern.

Bei CVS herrschte blankes Entsetzen: Alleine die letzten beiden Deals des Konkurrenten werden den Konzern nach Angaben von CEO Larry Merlo mehr als 40 Millionen Verordnungen pro Jahr kosten. Wenn die Versicherten ihre Rezepte weiter bei CVS einlösen, obwohl die Kette nicht mehr Vertragspartner ist, drohen ihnen höhere Zuzahlungen. Bereits jetzt sehe man Kunden abwandern, die über den Vertragswechsel bereits informiert worden seien, hieß es im vergangenen Jahr.

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