Schweiz

Clomifen vor dem Aus

, Uhr
Berlin -

Serophene (Clomifen) wird zum Ende des Jahres vom Schweizer Markt verschwinden. Der Hersteller Merck hat seine „Kinderwunsch-Pille“ bereits abgemeldet. Gynäkologen und Reproduktionsmediziner hatten jährlich tausende Frauen mit Kinderwunsch mit dem Wirkstoff behandelt. Ein Alternativpräparat steht den Ärzten nicht zur Verfügung, da es keine Generika gibt.

Merck will Clomifen weltweit vom Markt nehmen; das Unternehmen gibt an die Substanz zugekauft zu haben, jedoch konnte das Produkt nicht den Qualitätsansprüchen entsprechen. In der Vergangenheit hatte es wiederholt Lieferprobleme gegeben. Wann Serophene in den einzelnen Ländern verschwindet, hängt von den Behörden und vom Lagerbestand ab.

Für das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist klar, der Hersteller kein Interesse hat, das Produkt weiter zu vertreiben: Merck habe nicht versucht, in Preisverhandlungen zu gehen, berichten Medien. Die Behörde war in der Vergangenheit beispielsweise dem Hersteller eines generischen Antibiotikums im Preis entgegen gekommen, als der Originalhersteller sein Präparat vom Markt nahm. Jetzt hofft das BAG auf die Generikahersteller. „Anbieter in Deutschland oder auch die Firma Teva, die Clomifen für Merck bis jetzt her­gestellt hat, könnten daran interessiert sein“, heißt es.

Der Preis für Serophene war vergleichsweise gering. Für einen Behandlungsmonat zahlten Patientinnen 7,80 Franken. Clomifen ist bereits seit den 60er Jahren in der Schweiz zugelassen und auch deshalb auf einem geringeren Preisniveau. Die ärztliche Überwachung lag zwischen 90 und 250 Franken. Etwa 8000 einmonatige Therapien wurden jährlich durchgeführt.

Den Ärzten stehen jetzt nur noch teurere Behandlungen zur Verfügung. Der Einsatz von follikelstimulierendem Hormon (FSH) ist ein Beispiel; Präparate wie Gonal F (Merck) werden auch in der In-vitro- Fertilisation eingesetzt. Die Kosten für das Medikament liegen bei etwa 270 Franken und für die Überwachung bei etwa 500 Franken. Die Streichung von Serophene könnte jährlich für Mehrkosten im Millionenbereich sorgen.

Wie die Ärzte mit dem Mangel umgehen, bleibt abzuwarten. Eine Gynäkologin beispielsweise will das Medikament aus dem Ausland importieren und gratis an ihre Patienten abgeben. „Die Kosten der Behandlung selber sind viel höher, sodass für mich der Preis des Medikaments nicht ins Gewicht fällt“, so die Ärztin gegenüber der Basler Zeitung.

Ein Import aus dem Ausland ist zulässig, da in der Schweiz kein alternativ einsetzbares Medikament zugelassen ist. Der Arzt muss das Medikament über eine Apotheke beziehen oder über eine kantonale Bewilligung verfügen. Ein gewerbsmäßiger Bezug ist jedoch verboten. Die Medikamente dürfen zum Selbstkostenpreis abgegeben werden, eine Kostenübernahme durch die Grundversicherung ist in der Regel nicht möglich.

Clomifen löst den Eisprung bei Frauen mit Kinderwunsch aus. Zusätzlich findet der Wirkstoff bei bestimmten Formen einer ausbleibenden Regelblutung Einsatz. Clomifen täuscht den Gonadotropin-erzeugenden Zellen der Hirnanhangsdrüse einen Hormonmangel vor. Die Zellen schütten vermehrt das Luteinisierende Hormon (LH) sowie FSH aus, um den vermeidlich zu niedrigen Spiegel an Sexualhormonen auszugleichen. Die Eizellreifung und der Eisprung werden angeregt.

Patientinnen nehmen das Medikament ab dem 5. Tag nach der Regelblutung für fünf Tage ein. Die Frauenärzte überwachen das Heranreifen der Follikel. Die Therapie kann etwa drei- bis sechsmal wiederholt werden, wenn die Frauen nicht schwanger werden. Ist die Therapie ohne Erfolg, kann auf eine In-vitro-Fertilisation ausgewichen werden.

Nebenwirkungen können zum Beispiel vorübergehenden Vergrößerung der Eierstöcke, Hitzewallungen, Übelkeit bis Sehstörungen, Unterleibs- und Kopfschmerzen sein. Auch Mehrlingsgeburten treten häufig auf.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch
Neuere Artikel zum Thema
Mehr zum Thema
Kristalle am Flaschenhals
Nächster Rückruf bei Metamizol
Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen
Salbutamol: Versorgungslage ab Januar unklar

APOTHEKE ADHOC Debatte