Die Basler Firma Doetsch Grether lanciert in der Schweiz und in Liechtenstein Hanf-Lutschpastillen des australischen Herstellers Creso Pharma. Weltweit seien es die ersten Pastillen auf dem Markt. Die Cannabis-Bonbons sollen entspannend wirken. Experten sind jedoch skeptisch.
Auch in der Schweiz sind sie Klassiker in jeder Apotheke: Die Lutschpastillen in der Alu-Box der Basler Handelsfirma Doetsch Grether. Jetzt springt das Unternehmen mit einem neuen Produkt auf den Cannabis-Boom auf und bringt Cannaqix in Apotheken und Drogerien. Dabei handelt es sich um Pastillen mit dem Hanf-Extrakt Cannabidiol, kurz CBD. Angereichert sind die Lutschbonbons zudem mit Vitaminen und Zink. „Wir erkennen eine starke Nachfrage nach sicheren und zuverlässigen Produkten auf Hanfbasis auf dem Schweizer Markt“, teilte Firmenchef Thomas Wyss mit. Weltweit seien es die ersten Hanf-Pastillen auf dem Markt.
Das Produkt sei sicher, gut verträglich, wirke nicht berauschend, mache nicht abhängig und sei zuckerfrei, versichert das Unternehmen. „Sie wirken entspannend und helfen gegen Stress“, behauptete Wyss gegenüber dem Schweizer Nachrichtenportal 20min.ch. Indem es den Körper mit den notwendigen Cannabinoiden versorge, trage es zu einem ausgewogenen Endocannabinoid-System im Körper bei und reguliere die Homöostase.
Denn Nachweis, dass die Pastillen wirklich stressabbauend wirken, konnte das Unternehmen allerdings nicht erbringen. Die Nachfrage der Konsumenten werde das zeigen, antwortete Wyss auf die entsprechende Nachfrage von 20min.ch. Aussagekräftige Studien über die Wirkung von CBD gebe es kaum. Das soll sich in Zukunft aber ändern, hofft der Chef von Doetsch Grether.
Skeptisch äußerste sich Professor Dr. Matthias Liechti, stellvertretender Chefarzt Klinische Pharmakologie und Toxikologie des Unispitals Basel: „Mit CBD kann man derzeit viele Leute anlocken. Ob das Hanf-Extrakt aber entspannend wirkt, weiß man nicht genau“, sagte er. Solange das Produkt jedoch nicht als ein Medikament deklariert werde, müsse man auch die Wirksamkeit nicht belegen.
Auch Cannabis-Forscher und Pharmazeut Rudolf Brenneisen zeigte sich laut 20min.ch skeptisch: „Die Pastillen befinden sich in einem Graubereich zwischen Lifestyle-Produkten und Medikamenten.“ Auf der Verpackung vermeide man tunlichst eindeutige medizinische Indikationen. Denn solche würden eine Zulassung als Medikament bedingen. Der Begriff „stressabbauend“ könne man dennoch als Indikation interpretieren, betonte er. Zudem ist es laut Brenneisen nicht klar, wie viel CBD die Pastillen enthalten. „Hanfextrakt kann auch bloß ätherische Öle und Nicht-Cannabinoide enthalten“, sagte der Pharmazeut.
Seit 2011 ist in der Schweiz Cannabis mit einem THC-Gehalt von unter 1 Prozent legal und fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Zudem machte das am 1. Mai 2017 in Kraft getretene neue Lebensmittelrecht den Weg frei für die Einführung von vielen CBD-Produkten im freien Handel. Grund: Etliche Öle, Tropfen oder Kapseln mit CBD gelten als Nahrungsergänzungsmittel. Diese sind nun nicht mehr meldepflichtig. Damit wird eine Zulassung vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) entbehrlich. Das führte dazu, dass die Schweiz seither ein richtiger CBD-Boom erlebt: In vielen Städten gibt es neue Hanftheken, die CBD-Produkte anbieten.
Auch laut Doetsch Grether handelt es sich bei den Cannabis-Bonbons um ein Nahrungsergänzungsmittel. Das Unternehmen hat die Hanf-Pastillen dennoch vom Amt für Verbraucherschutz absegnen und die Konformität mit dem hiesigen Lebensmittelgesetz abklären lassen. Der Behördensegen soll den Hanf-Bonbons offenbar Seriosität verleihen. Damit will Doetsch Grether den Schmuddelruf abschütteln, der noch immer vielen Hanf-Produkten anhaftet. So sollen die Pastillen auch nichts mit den Zigaretten, Ölen oder Tropfen aus den Hanfshops zu tun haben. „Wir wollen das Produkt ausschließlich im Fachhandel mit Beratung verkaufen“, sagte Wyss.
Eigentlich stammt Cannaqix aus dem Portfolio des australischen Hanfspezialisten Creso Pharma. Gemäß einer exklusiven Vermarktungsvereinbarung zwischen den beiden Unternehmen werden die Cannaqix-Produkte exklusiv über die Vertriebskanäle von Doetsch Grether auf den Markt gebracht und in über 2000 Apotheken und Drogerien in der Schweiz und in Liechtenstein verkauft. Im Handel wird eine Packung mit 20 Stück 40 Franken kosten, das Doppelte 70 Franken.
Sobald eine ausreichende Verbreitung in der Schweiz und in Liechtenstein erreicht ist, soll eine PR-Kampagne über Gesundheits- und Lifestyle-Magazine sowie Blogger gestartet werden. Dabei sollen Magazine gebeten werden, Produkttests durchzuführen und ihre Leser dazu einzuladen, Cannaqix auszuprobieren. Diese Kampagne soll von Online-Kommunikation begleitet werden.
Später sollen auch andere Länder dazu kommen. Creso Pharma steht eigenen Angaben nach gegenwärtig vor dem Abschluss von Zugangs- und Vertriebsvereinbarungen in mehreren Schlüsselländern in Europa und Lateinamerika. Die Schweiz soll dabei als Referenzland für regulatorische, qualitative und marktbezogene Fragen dienen.
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