Österreich

Breite Front gegen Mega-Kassen

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Berlin -

Die österreichische Bundesregierung hat eine Reform der Sozialversicherung angekündigt, die im Herbst beschlossen werden soll.Demnach sollen ab 2019 die 21 Krankenkassen auf maximal fünf reduziert werden. Gegen die Reform formiert sich in Österreich seit Monaten eine breite Allianz. Krankenkassen, Ärzte-,  Apotheker- und Arbeiterkammern warnen davor, ein bewährtes System zu zerschlagen. Der Schulterschluss der Leistungserbringer und Kassen wird vielerorts als Vorbote für einen heftigen Konflikt gewertet.

Mit einer Zusammenlegung von Krankenkassen will die österreichische Regierung die Kosten im Gesundheitswesen reduzieren. Bis 2023 soll durch die Reform rund eine Milliarde Euro in der Verwaltung eingespart werden. Um das zu erreichen, soll die Zahl der Sozialversicherungsträger von 21 auf vier bis fünf sinken. Dabei ist laut vorgestellten Eckpunkten unter anderem die neun Gebietskrankenkassen zu einer „Österreichischen Gesundheitskasse“ (ÖGK) mit neun Landesstellen verschmolzen werden. Die neue Mega-Kasse wird dann mit gut sieben Millionen Versicherten den Löwenanteil der gesamten Krankenversicherung in Österreich verwalten. Auf sie entfielen künftig 14,5 von insgesamt 18,5 Milliarden Euro Beitragseinnahmen. Die ÖGK soll für Budgethoheit, Steuerung und Gesundheitsplanung einschließlich der Verhandlung eines bundesweiten Ärzte-Gesamtvertrages zuständig sein.

Obwohl die Regierung Beitragserhöhungen und Kündigungen in Folge der Umstrukturierungen ausgeschlossen hat, wird es dennoch zum Stellenabbau in der Kassenverwaltung kommen. Denn ein wichtiges Element der Reform soll der Verzicht auf die Nachbesetzung von Stellen sein. Derzeit arbeiten nach offiziellen Angaben rund 19.000 Menschen bei den Sozialversicherungen.

Indes formiert sich gegen die geplante Fusion eine breite Front aus Kassen, Ärzten und Apothekern. Bereits im März haben die neun österreichischen Gebietskrankenkassen und Ärztekammern die sogenannte „Salzburger Deklaration“ verfasst und unterzeichnet. Damit wollen sie sich gegen die Regierungspläne stemmen. Auch einige Landesapothekerkammern, darunter die Vorarlberger Apothekerkammer, schlossen sich der Deklaration an.

Im Kern enthält die Deklaration die Forderung nach dem Erhalt der regionalen Beitragshoheit, der Selbstverwaltung sowie der Planungs- und Vertragshoheit. Die Gesundheitsversorgung sei regional, müsse sich an den Menschen orientieren und daher möglichst wohnortnahe sein. Gleiches gelte für die Strukturen der Gesundheitsverwaltung, argumentieren die Verfasser. Eine optimale Organisation der Versorgung setze voraus, dass Probleme im Detail bekannt seien, um flexible, den regionalen Gegebenheiten angepasste Lösungen zu finden. Eine Zerschlagung der „sicheren und leistungsstarken“ Netzwerke auf Landesebene zugunsten einer zentralistischen Struktur auf Bundesebene lehne man daher ab.

Ob die geplanten Einsparungen bei der Verwaltung erreicht werden können, bezweifeln die Sozialversicherungsträger. Mit nur zwei Prozent Verwaltungskosten im Vergleich zu internationalen oder Privatversicherungen sei man konkurrenzlos, teilte die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (NÖGKK) mit und zitierte eine Untersuchung des deutschen Bundesrechnungshofs. Demnach hätte eine Fusion bei fünf von sechs Fällen keine Einsparung gebracht, sondern im Gegenteil eine Erhöhung der Kosten, teilweise bis zu 18 Prozent.

Eine bundesweite zentrale Kasse würde bedeuten, dass Entscheidungen weit weg von der Region und den Patienten fallen würden. Die Bedürfnisse der Menschen würden kaum mehr berücksichtigt werden können. Stattdessen würde nach Statistiken am grünen Tisch entschieden. Ein Abbau an Personal würde ebenfalls zu Nachteilen bei der Versichertengemeinschaft führen, kritisiert die NÖGKK. So müssten Außenstellen dicht gemacht werden. Auch Kundenservicecenter vor Ort müssten geschlossen werden.

Bedeckt hält sich indes die Österreichische Apothekerkammer. Auf eine Anfrage von APOTHEKE ADHOC hieß es vonseiten der Kammerpräsidentin Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr lediglich, man werde die Reformvorhaben genau mitverfolgen und wachsam bleiben. Im Herbst will die österreichische Bundesregierung das Gesetz beschließen. Die Fusion der Kassen soll dann in Rekordzeit bis Ende des Jahres über die Bühne gehen.

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