Blister-Apotheke vor Gericht Janina Rauers, 23.01.2012 14:17 Uhr
Weil eine Wiener Apothekerin für Patienten im 180 Kilometer entfernten Linz Arzneimittel verblistert hat, ist die österreichische Apothekerkammer vor Gericht gezogen und hat zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt. Die Standesvertretung will einen Präzedenzfall schaffen: Mit der Belieferung über größere Distanzen soll dauerhaft Schluss sein – sonst werde das gesamte System konterkariert.
Bis Mitte November verblisterte Karin Simonitsch, Inhaberin der Marienapotheke in Wien, für rund 1300 Patienten aus neun Linzer Heimen Arzneimittel in ihrer Apotheke. Gestartet als Pilotprojekt mit einem Heim, hatte die Apothekerin ihren Kundenkreis sukzessive erweitert.
Die Kammer stützt sich bei ihrer Klage vor dem Handelsgericht Wien auf die österreichische Apothekenbetriebsordnung: Demnach muss eine Apotheke, die für ein Heim verblistert, „dringend benötigte Arzneimittel auf Anforderung während der Betriebs- und Bereitschaftszeit“ kurzfristig stellen können. Entscheidend sei dabei die rasche Belieferung, so ein Sprecher der Kammer. Zudem verlange auch das Gesundheitsministerium, dass die Apotheke in räumlicher Nähe sein müsse.
Werde dagegen die Versorgung mit Blistern über Distanz erlaubt, seien nicht mehr die örtlichen Apotheker für die Versorgung vor Ort zuständig, so der Kammersprecher weiter. Stattdessen sei zu befürchten, dass die Heimversorgung nur noch von wenigen großen Apotheken übernommen würde. Nicht zuletzt dürfte dann auch die Bedarfsprüfung schwierig werden, wenn bei der schematischen Kontrolle hunderte Patienten zwar formal in das Gebiet der geplanten Apotheke fielen, praktisch aber von einer anderen Apotheke beliefert würde.
Die Apothekerin sieht das anders: Grundsätzlich dürften Patienten ihre Apotheke frei wählen, Gebietsgrenzen würden nicht verletzt. Die bestellten Blister würden im Auftrag der Kunden abgeholt, betont Simonitsch. Die Neuverblisterung biete sich vor allem für die Basismedikation an. Damit sei nicht ausgeschlossen, dass die Patienten auch von anderen Apotheken versorgt werden könnten.
Gegen die einstweilige Verfügung ist Simonitsch vor das Oberlandesgericht Wien gezogen. Ein Termin für das Hauptsacheverfahren vor dem Handelsgericht steht noch aus.