Biosimilar-Austausch: Vorbild Frankreich Patrick Hollstein, 24.05.2022 14:51 Uhr
Ab Herbst sollen auch Biosimilars in der Apotheke ausgetauscht werden; der Gemeinsame Bundesausschuss will im August eine entsprechende Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) beschließen. Die Hersteller laufen Sturm und verweisen auf Frankreich, wo ein guter Kompromiss gefunden worden sei.
„Während Deutschland den Biopharmazeutika-Austausch in der Apotheke offenbar bei sämtlichen Wirkstoffen erlauben will,
geht Frankreich deutlich behutsamer vor“, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Pro Similars. So sei die Substitution dort vorerst nur bei den Wirkstoffen Filgrastim und Pegfilgrastim möglich. Gleichzeitig müssten die Apotheken den Austausch des Produkts und dessen Chargennummer dokumentieren und die Patientinnen und Patienten sowie die behandelnden Ärztinnen und Ärzte informieren.
„Warum der G-BA – und darauf deuten die derzeit vorliegenden Vorschläge hin – die nötige Vorsicht nicht walten lässt, ist unklar. Genau wie die Frage, wie die erforderliche Dokumentation sowie die Rückkopplung an Arzt oder Ärztin hierzulande geregelt werden wird.“
Laut AG Pro Biosimilars sind 16 Wirkstoffe betroffen: Bevacizumab, Teriparatid, Pegfilgrastim, Adalimumab, Trastuzumab, Enoxaparin-Natrium, Insulin lispro, Rituximab, Etanercept, Insulin glargin, Follitropin alfa, Infliximab, Filgrastim, Epoetin zeta, Epoetin alfa, Somatropin
Auch die Abda hatte auf den erhöhten Beratungsaufwand hingewiesen: Dieser sei insbesondere bei der Umstellung so groß, dass er extra vergütet werden müsse. „Der guten Ordnung halber weisen wir schon hier darauf hin, dass etwaige Zusatzleistungen im Bereich der Patientenschulung und Dokumentationspflichten, einschließlich datenschutz- und haftungsrechtlicher Aspekte mit erheblichem Zusatzaufwand verbunden sind und dementsprechend von den Apotheken keinesfalls ohne angemessene zusätzliche Entgeltung erbracht werden können“, heißt es in der Stellungnahme.
Zudem sei zu befürchten, dass durch die Möglichkeit des Austauschs der Einsatz von Rabattverträgen in einem besonders „versorgungssensiblen Bereich“ befördert werde. „Es drohen negative Konsequenzen für die Breite und die Verlässlichkeit des Angebots, wie sie zunehmend schon im ‚klassischen‘ Generikabereich anzutreffen sind.“ Im Einvernehmen mit der Arzneimittelkommission (AMK) fordert die Abda daher, die vorgesehene rabattvertragsgesteuerte, automatische Substitution von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln in Apotheken auszusetzen.
Dringend geboten wäre jedenfalls die Einschränkung, dass für einen Austausch alle Anwendungsgebiete übereinstimmen müssen und nicht nur einzelne. Anderenfalls drohe eine Verunsicherung der Patient:innen – und Apotheker:innen und Apotheker könnten ohne die „ausschlaggebende Indikation“ nicht angemessen beraten. „Hierzu bedürfte es eines rechtssicheren und konsequenten Informationsaustauschs erkrankungsspezifischer Aspekte zwischen Verordner und abgebender Apotheke.“