Italien

Bedarfsplanung statt Apothekenpflicht Benjamin Rohrer, 07.09.2010 09:15 Uhr

Berlin - 

In Italien soll der Verkauf von OTC-Arzneimitteln wieder stärker reglementiert werden. Nachdem eine ganze Reihe von Wirkstoffen vor einigen Jahren aus der Apothekenpflicht entlassen worden war, soll nun eine Bedarfsplanung für alle Händler der entsprechenden Produkte eingeführt werden. Damit würden für die so genannten Parafarmacie analoge Auflagen wie für die Apotheken geschaffen.

Im Sommer 2006 hatte der damalige Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Pier Luigi Bersani, die Apothekenpflicht für eine Reihe von OTC-Medikamenten aufgehoben. Zuvor hatte die Supermarktkette Coop 300.000 Unterschriften für die Marktfreigabe gesammelt; die Apotheker waren dagegen in Rom auf die Straße gegangen.

Nun will die Regierung die Liberalisierung zumindest ein stückweit rückgängig machen. Seit 2007 hat das Kabinett Berlusconi mehrere Anläufe genommen, stets ohne Erfolg. Insgesamt sieben Gesetzentwürfe hatten auf unterschiedliche Weise eine Reregulierung des OTC-Marktes zum Ziel. Entwurf 2079 hat Ende März schließlich die Zustimmung des Parlamentes erhalten.

Demnach soll die Eröffnung neuer OTC-Shops an die strengen demografischen Niederlassungsbeschränkungen für Apotheken angepasst werden. Auf diese Weise soll eine allzu große Fluktuation verhindert werden: Weil vor allem in Großstädten viele Parapharmacie öffneten, kam es immer zu Konkursen.


Die italienische Wettbewerbsaufsicht wendet sich gegen die Reregulierungspläne der Regierung und fordert in einem Schreiben die Mitglieder des Senats auf, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Die neue Regelung könne den erst kürzlich liberalisierten Markt negativ beeinflussen und den Wettbewerb schwächen, was für die Bürger höhere Arzneimittelausgaben zur Folge hätte.

Beim Apothekerverband weist man die Kritik zurück: „Hinter den neuen Geschäftsmodellen verbergen sich Interessen, die in keinster Weise die gesundheitlichen Interessen der Bürger zentrieren“, sagte Präsidentin Annarosa Racca. Auch Andrea Mandelli, Präsident der italienischen Apothekerkammer, zeigte sich skeptisch: „Der Europäische Gerichtshof hat doch klar gestellt, dass Arzneimittel keine übliche Handelsware sind und ihre Verteilung nicht durch normale Marktmechanismen reguliert werden sollte.“

Insgesamt haben innerhalb der letzten drei Jahre knapp 3000 Parafarmacie eröffnet, knapp 1700 alleine im ersten Jahr. Zudem haben bis heute und 260 italienische Supermärkte Arzneimittelabgabestellen aufgebaut („Corner della Salute“). Der Umsatz der Branche liegt heute bei rund 150 Millionen Euro.

Problematisch ist für viele OTC-Shops die Anwesenheitspflicht eines Apothekers. Entsprechend hatten die Betreiber vor drei Jahren versucht, auch die Erlaubnis zum Verkauf verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die nicht von den Gesundheitsbehörden bezahlt werden, zu bekommen, darunter einige Betäubungs-, Schmerz- und Beruhigungsmittel.