Johnson & Johnson ist seit Jahren mit Klagen wegen umstrittener Körperpflegeartikel konfrontiert, darunter angeblich asbestverseuchtes Babypuder. Nun gab es erneut ein hohes Schadenersatzurteil. Das Unternehmen hat Berufung angekündigt.
Der US-Pharma- und Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson hat ein weiteres hohes Schadenersatzurteil wegen angeblicher Krebsrisiken seines Pflegemittels „Baby Powder“ hinnehmen müssen. Die Geschworenenjury eines Gerichts in New Jersey verurteilte das Unternehmen am Donnerstag (Ortszeit), frühere Nutzer seines Babypuders mit 750 Millionen Dollar zu entschädigen. Die zuständige Richterin signalisierte aber direkt danach, dass die Summe auf 186,5 Millionen Dollar (170,1 Mio Euro) gesenkt werden dürfte.
Bei dem Urteil ging es um den sogenannten Strafschadenersatz, der im US-Recht als Zusatzsanktion in besonders schweren Fällen verhängt werden kann. Zuvor waren den Klägern bereits 37,2 Millionen Dollar an regulärem Schadenersatz zugesprochen worden. In den USA verhängen Laienjurys immer wieder hohe Strafschadenersatzurteile, die danach abgemildert werden, da das Verhältnis zum regulären Schadenersatz in einem verfassungsrechtlich angemessenen Rahmen bleiben muss.
Ob Johnson & Johnson das Geld überhaupt jemals zahlen muss, ist ohnehin unklar. Solche Urteile werden in den USA häufig in höheren Instanzen gekippt, und der Konzern kündigte umgehend Berufung an. Die Richterin habe handwerkliche Fehler gemacht, sagten Firmensprecher. Johnson & Johnson habe sich nachweislich verantwortungsvoll verhalten. Das Unternehmen steht seit Jahren aufgrund von Vorwürfen wegen möglicher Krebsgefahren durch einige seiner Körperpflegeartikel unter Druck, darunter angeblich asbestverseuchtes Babypuder.
Das Management weist die Vorwürfe zwar zurück, ist in den USA aber mit Tausenden Klagen und drohenden Milliardenzahlungen konfrontiert. J&J argumentiert, der Konzern untersuche seit den frühen 70er-Jahren, wie man Asbest aus Talk entfernen könnte, sollte es jemals zu Verunreinigungen kommen. Es seien aber niemals Verunreinigungen festgestellt worden, was jahrzehntelange Tests von unabhängigen Laboren und Wissenschaftlern bewiesen. Die Argumentation der Gegenseite bezeichnet ein Konzernanawalt vergangenes Jahr als „Ramsch-Wissenschaft“.
Spektakulär hohe Schadenersatzurteile in erster Instanz gab es zuvor schon, so war Johnson & Johnson 2018 von einer Geschworenenjury in St. Louis zu Schadenersatz- und Strafzahlungen in Höhe von 4,7 Milliarden Dollar verurteilt worden. 2019 sorgte unter anderem ein Fall für Aufsehen, bei dem einem Kläger zunächst acht Milliarden Entschädigung zu gesprochen worden waren, weil das Antipsychotikum Risperdal angeblich zu unerwünschtem Brustwachstum bei Männern führte.
Im August war J&J im US-Bundesstaat Oklahoma zudem wegen unrechtmäßiger Vermarktung von suchtgefährdenden Schmerzmitteln zu einer hohen Strafe verurteilt worden. Der zuständige Richter Thad Balkman ordnete eine Zahlung von 572 Millionen Dollar (515 Mio Euro) an, weil der Konzern zur Medikamentenabhängigkeit im US-Bundesstaat Oklahoma beigetragen habe. Auch hier kündigte J&J umgehend an, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen.
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