Aut-idem: „In Österreich jedenfalls nicht“ Patrick Hollstein, 17.09.2022 09:29 Uhr
Während hierzulande die Abgabe in der Apotheke durch die Rabattverträge geprägt ist, können Ärztinnen und Ärzte in Österreich noch frei entscheiden, welches Präparat sie verordnen. Doch jetzt soll – wieder einmal – die Wirkstoffverordnung zur Pflicht werden. Von Ärzte- und Pharmaverbänden kommt ein Aufschrei.
Nach der Österreichischen Ärztekammer warnt auch der Pharmaverband Pharmig vor den negativen Folgen einer Wirkstoffverschreibung, bei der statt eines bestimmten Medikamentes nur noch dessen Wirkstoff auf dem Rezept stehen soll. „Seit langem wird diese Maßnahme immer wieder vorgebracht, wenn es um Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen geht. Aber man erreicht damit weder, dass das Gesundheitssystem effizienter, noch dass es sicherer wird. Das Nachsehen bei einer Wirkstoffverordnung haben die Ärzteschaft, die Arzneimittelhersteller und vor allem die Patientinnen und Patienten“, warnt Generalsekretär Alexander Herzog.
Preissparungen seien kaum zu erzielen: „Österreich zählt im EU-Vergleich zu den Niedrigpreisländern bei Arzneimitteln. Das ist eine Tatsache. Die Preise sind äußerst streng reguliert. Es gibt nicht einmal eine Anpassung an die Inflation. Wie sollen die Unternehmen bei den jetzt auch noch eklatant gestiegenen Kosten weiter wirtschaftlich agieren können? Wird der Druck auf sie durch eine Wirkstoffverordnung weiter erhöht, könnte das einzelne Unternehmen zwingen, sich aus der Versorgung zurückziehen zu müssen. Das gefährdet die Arzneimittelversorgung insgesamt“, so Herzog.
Unsicherheit und Verwirrung
Abgesehen davon hätten auch Patientinnen und Patienten das Nachsehen, weil ihnen womöglich bei jedem Gang in die Apotheke ein anderes Präparat ausgehändigt werde, das sich für den Apotheker oder die Apotheker:in gerade das wirtschaftlich attraktivste sei. „Das bewirkt Unsicherheit und Verwirrung. Die Therapietreue wird damit sicherlich nicht gestärkt.“
Ärztinnen und Ärzten werde durch eine Wirkstoffverschreibung die Hoheit über die Entscheidung über die passende Therapie entzogen. „Immer sprechen alle davon, die Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn man das möchte, lässt man die Wirkstoffverschreibung lieber am Papier oder in jenen Ländern, wo sie vielleicht ihre Berechtigung hat. In Österreich jedenfalls nicht.“
Vom Blick etwa nach Deutschland rät Herzog einmal ab: „Jedes Land hat ein anderes Gesundheitssystem mit anderen Erstattungssystemen. Gewisse Maßnahmen lassen sich nicht 1:1 übertragen beziehungsweise richten sie mehr Schaden an, als sie Nutzen bringen. Das kann man von der Wirkstoffverschreibung mit Recht sagen.“