Ein Schweizer Apothekenkunde entdeckte auf einer Abrechnung seiner Krankenkasse einen Zuschlag von mehr als 20 Franken für ein Generikum. Rechtlich eine klare Sache: Denn Apotheker in der Schweiz dürfen 40 Prozent des Preisunterschieds zwischen Original und Generikum einmalig verrechnen. Nachdem aber einige Schweizer Medien den Fall publik gemacht haben, ist die Empörung über die vermeintliche Gier der Apotheker groß.
„Sub-Crestor“ für 21,60 Franken: Diesen Posten entdeckte ein Hörer des SRF-Konsumentenmagazins „Espresso“ auf der Abrechnung seiner Krankenkasse. Einige Zeit zuvor ist der Mann der Empfehlung seines Apothekers gefolgt und hat sich statt des gut 120 Franken teuren Originalmedikaments Crestor ein Generikum für 51,90 Franken geben lassen.
Dass Apotheken bei rezeptpflichtigen Medikamenten kleinere Zuschläge verrechnen dürfen, sei ihm bekannt gewesen, erklärte er in der Sendung. Einen derart hohen Zuschlag konnte er sich aber nicht erklären und fragte in der Apotheke nach. Dort begründete man den Aufpreis mit dem zusätzlichen Aufwand, der durch die Abgabe eines Generikums entstehe. Das zahle ja sowieso die Krankenkasse, sei er beruhigt worden. Dennoch habe er sich gefragt, ob der gewünschte Spareffekt durch die preiswerteren Generika damit nicht gleich wieder verpuffe.
Nach der Veröffentlichung der Berichte empören sich zahlreiche Leser in den Kommentaren über die vermeintliche Abzocke durch Apotheker. „Dann kaufe ich es halt wieder beim Hausarzt in der Praxis und nicht mehr beim Apotheker, dann kann ich mir den Aufpreis vielleicht sparen“, kündigt ein Leser an. Ein anderer ist ebenfalls empört: „Da wird für das Generika propagiert mit der glaubhaften Erklärung, dass wir Krankenkassenkosten sparen können“, schreibt er. „Aber die Apotheker müssen sogleich eine nette Einkommensquelle erfinden.“
Die Einsparung durch die Verschreibung des Generikums sei oftmals viel höher als der Zuschlag, versucht eine Sprecherin des Schweizerischen Apothekerverbands Pharmasuisse in dem Bericht auf dem Nachrichtenportal „20min“ zu beschwichtigen: „Von dieser Regelung profitieren die Patienten, da sich ihr Selbstbehalt verringert, und die Solidargemeinschaft aller Krankenkassenversicherten, da die Kosten im Gesundheitswesen tiefer ausfallen“. Doch offenbar kommen die Argumente der Apotheker bei den Lesern nicht an.
Für den Schweizer Preisüberwacher Stefan Meierhans ist der Zuschlag ebenfalls in Ordnung, da er einen Anreiz schaffe, dass Apotheker ein Generikum empfehlen. Da ein Apotheker in der Regel zwölf Prozent des Verkaufspreises erhalte, verliere er, wenn er ein günstigeres Generikum abgebe, sagte Meierhans dem Radiosender SRF. Gerade bei chronisch Kranken, die ein Medikament über Jahre einnehmen würden, summierten sich diese Mindereinnahmen.
Auch aus rechtlicher Sicht müssen sich Apotheker nichts vorwerfen lassen. Denn einen solchen Substitutionszuschlag haben Pharmasuisse und die Krankenversicherungsverbänden Santesuisse und Curafutura im Tarifstruktur-Vertrag über die Leistungsorientierte Abgabe vereinbart. Der Vertrag regelt die Honorierung der Apotheker für besondere Leistungen, darunter die Substitution eines Originalarzneimittels durch ein Generikum.
Demnach dürfen Apotheker dafür, dass sie ein geeignetes Generikum auswählen, den Patienten informieren und überzeugen sowie alle dadurch anfallenden Formalitäten erledigen, 40 Prozent des Preisunterschieds zwischen Original und Generikum verrechnen. Der Zuschlag soll für den Apotheker einen Anreiz schaffen, überhaupt Generika zu empfehlen. Allerdings ist der Betrag nach oben auf 20 sogenannte Taxpunkte gedeckelt. Das entspricht derzeit 21,60 Franken. Diesen Substitutionszuschlag dürfen Apotheker nur bei der ersten Abgabe des Medikaments verlangen. Verschreibt der Arzt einfach den Wirkstoff oder versieht das Rezept mit einem Vermerk „aut idem“ oder „aut genericum“, dürfen die Apotheken grundsätzlich keinen Zuschlag verrechnen.
Zuletzt wurde in der Schweiz jedoch immer öfter die Forderung nach anderen Mechanismen laut, um den Absatz von Generika zu erhöhen. So hat beispielsweise eine Expertengruppe des Bundes im vergangenen Jahr verschiedene Vorschläge zur Senkung der Gesundheitskosten ausgearbeitet. Bei Wirkstoffen, deren Patentschutz abgelaufen sei, empfiehlt die Gruppe ein sogenanntes Festbetrags-System. Dabei soll der Bund festlegen, wie die Krankenkassen für eine bestimmte Menge des Wirkstoffs vergüten dürfen. Dieser Festpreis gilt unabhängig davon, ob es sich um ein Originalmedikament oder ein Generikum handelt.
Befürwortet wird ein solches Festbetrag-System sowohl vom Preisüberwacher als auch von der Stiftung für Konsumentenschutz. So erwartet Meierhans, dass sich die allermeisten Hersteller beim Verkaufspreis ihrer Medikamente um diesen Festpreis gruppieren und die Preise außerdem insgesamt deutlich nach unten gehen. So sei es zumindest in anderen Ländern zu beobachten. Auch ein Sprecher der Stiftung für Konsumentenschutz plädierte dafür, dass Apotheken gleich viel verdienen – egal, ob sie ein Originalmedikament oder ein Generikum verkaufen.
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