Georg Hrovat aus dem österreichischen Salzkammergut ist Apotheker und Kaffeeröster. Seit drei Jahren schenkt er in der Offizin seiner „Apotheke im Baumhaus“ Kaffee aus. Die Kunden bleiben gerne länger. Für chinesische Kunden gibt es im Online-Shop „Hallstatt-Kaffee“ mit chinesischem Logo.
„Wir werden von Chinesen überrannt“, erzählt Hrovat. Bad Goisern liegt in der Nähe von Hallstatt am wunderschönen Hallstätter See und diese Schönheit hat eines Tages auch die Chinesen betört. Prompt bauten sie den Ort, der zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, in der Provinz Guangdong nach. Danach stieg die Zahl der chinesischen Touristen im Salzkammergut stark an, mittlerweile kommen im Sommer bis zu 7000 Touristen aus aller Welt in das 800-Einwohner-Dorf. Am Ortseingang gibt es „Dirndl to go“ zum Mieten für das obligatorische Selfie.
Der Kaffee ist ein Scherz, die humorvolle Antwort des Apothekers auf den Asiaten-Ansturm. Den im Webshop angebotenen Hallstatt-Kaffee gibt es gar nicht. Die anderen Kaffeesorten indes sind tatsächlich im Angebot. Seit fünf Jahren betreibt Hrovats Ehefrau Barbara die Kaffeerösterei „Hrovat‘s röstet“.
Die Geschäftsidee entstand beim Kaffeetrinken. Den beiden schmeckte der Kaffee, den sie serviert bekamen, nämlich nicht. Also eröffneten sie kurzerhand selbst eine Rösterei. Anfangs hatten sie kaum Ahnung: „Wir haben uns einfach hineingestürzt“, erklärt der Apotheker.
Kaffee und Apotheke passen gut zusammen: „Kaffee ist die meistgebrauchte Droge der Welt“, sagt Hrovat. „Er hat 800 Inhaltsstoffe, der Hauptstoff ist natürlich Koffein. Als Apotheker kann man das alles klinisch aufdröseln.“ Wenn er Zeit hat, recherchiert er zum Thema: „Es gibt viele nicht definierbare Prozesse. Vor kurzem war ich in Mailand in einem Kaffeelabor, ich bin auf solchen Veranstaltungen immer der Exot. Der Apotheker, der Kaffee macht.“
Er ist davon überzeugt, dass sein Offizin-Kaffee eine positive Sache für Bad Goisern ist. Der Apotheker hat festgestellt: „Eine Espressomaschine in der Offizin ist gut für die Kunden. Sie stehen gemeinsam da und unterhalten sich. Wo trifft man heutzutage noch seine Mitmenschen? Es gibt Supermärkte vor den Toren der Städte und im Zentrum ist alles leer. Eines Tages werden die Menschen froh sein, wenn sie Gelegenheit haben, überhaupt noch mit Mitmenschen sprechen zu können.“ Warum also nicht in der Offizin. Ein kleiner Espresso wärmt Körper und Seele. Außerdem ist er, so Hrovat, gesund. Man erfährt den aktuellen Klatsch und bekommt wie gewohnt Arzneimittel. So wird die Bohne ganz elegant auch zum Kundenbindungsinstrument.
Sein Handwerk hat Hrovat bei einem deutschen Unfallchirurgen gelernt. Steffen Schwarz hatte nach kurzer Zeit als Arzt beschlossen, dass der Beruf doch nichts für ihn ist. Er sattelte auf Kaffee um und gründete in Mannheim das Schulungs- und Forschungszentrum „Coffee Consulate“.
„Wir haben in Israel einen Kaffeeröster gekauft, der mit Holz befeuert wird“, erzählt der Apotheker. Geröstet wird seit fünf Jahren nach Feierabend in einem alten Stall: „Wir rösten rund 5000 Kilo im Jahr, ich mache es ein- bis zweimal in der Woche. Pro Stunde kann ich 32 Kilogramm rösten. Dabei denke ich über den Irrsinn der Welt nach.“
Die Kaffeebohnen kaufen die Hrovats bei kleinen Bauern in Brasilien, Mexiko und Indien. „Wir haben nach und nach Hausspezialitäten entwickelt, bieten rund 20 Sorten an.“ Apothekenfans kaufen natürlich nur „Apotheker Spezial“, die Kaffeemischung besteht aus 70 Prozent brasilianischen und 30 Prozent nicaraguanischen Arabicabohnen.Im Sommer steht das Ehepaar mit seinem Kaffee auch auf dem Wochenmarkt. Als Marktstand haben sie einen alten Citroën HY („Ein Kultauto!“) gekauft. Hrovats Angestellte sorgen dann dafür, dass in der Apotheke das Geschäft weiterläuft.
Demnächst will der Koffein-Apotheker auch Tee anbieten. Er kooperiert dafür mit den Berliner Experten von „Paper & Tea“. Er sagt: „Auf dem Land bekommt man keinen ordentlichen Tee.“ Schon wieder eine Marktlücke. Er wird sie demnächst füllen.
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