Der britische Pharmakonzern AstraZeneca will ab Februar kommenden Jahres seine Produkte nur noch im Exklusivvertrieb über die Großhändler UniChem (Alliance Boots) und AAH (Celesio) ausliefern. Gleichzeitig könnte der Konzern mit einer weiteren wesentlichen Neuerung starten, die ihm den Durchgriff auf die gesamte Lieferkette erlaubt: Im Rahmen spezieller Beratungsprogramme will der Hersteller binnen Jahresfrist tausend Apotheken an sich binden.
AstraZeneca will eigenen Angaben zufolge nicht nur in Bestell- und Lieferstrukturen, sondern auch in spezielle Schulungs- und Betreuungsprogramme für Patienten massiv investieren. Auf diese Weise sollen die Verbraucher durch die Apotheker in die Lage versetzt werden, ihre Medikation besser zu verstehen und zu nutzen. Die Apotheken erhalten dafür, dass sie Patienten ausfindig machen, die einen speziellen Beratungsbedarf haben, und diesen - möglicherweise im Sinne des Konzerns - ausfüllen, eine Gebühr vom Pharmahersteller.
Derzeit werden laut AstraZeneca verschiedene Konzepte geprüft; im Januar sollen weitere Details bekannt gemacht werden. 250 Apotheken sind für die Startphase vorgesehen; im ersten Jahr sollen bis zu 1000 der insgesamt knapp 12.000 britischen Apotheken in das Programm einbezogen werden. Ob diese dann überwiegend aus den Reihen von Boots und Lloyds, also den Apothekenketten der Logistikpartner, rekrutiert werden, ist bislang unklar.
AstraZeneca war nach Pfizer als zweiter Pharmakonzern mit seinen Plänen zur Umgehung des vollsortierten Großhandels an die Öffentlichkeit getreten, hatte den ursprünglich für Sommer geplanten Start jedoch verschoben. Nachdem die britische Wettbewerbsaufsicht nun in ihrer Studie zwar vor den dramatischen Konsequenzen des Exklusivvertriebs gewarnt, jedoch keine Empfehlung für ein Verbot ausgesprochen hat, bestätigte der Konzern seinen Starttermin.
Mittlerweile sind in verschiedenen Exklusivvertriebsmodellen - trotz teilweise massiver anfänglicher Kritik - sowohl UniChem und AAH als auch Phoenix unter Vertrag, also die Töchter aller drei vertikalisierten Pharmahandelskonzerne. Sollten andere Hersteller dem Konzept AstraZenecas folgen und Bindungsprogramme für ausgewählte Apotheken auflegen, könnten möglicherweise erneut Europas führende Großhandels- und Kettenkonzerne ihren Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren und unabhängigen Anbietern ausspielen.
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