Arzneimittel nur noch aus der Apotheke? APOTHEKE ADHOC, 22.10.2009 10:42 Uhr
In der Schweiz könnte die ärztliche Selbstdispensation nach langem Streit verboten werden: Die Regierung hat eine Novelle des seit 2002 geltenden Heilmittelgesetzes durchgewunken, mit der der scheidende Innenminister Pascal Couchepin die Abgabe von Medikamenten in Arztpraxen verbieten will. Bis Februar läuft nun das Anhörungsverfahren.
In 17 Kantonen ist die Selbstdispensation ganz oder teilweise erlaubt; in neun Kantonen - Aargau, Basel-Stadt sowie Westschweiz und Tessin - gibt es ein Abgabeverbot für Ärzte. Den 1700 schweizerischen Apotheken stehen rund 4000 Praxisapotheken gegenüber. Rund 30 Prozent des Geschäfts kommen aus der Abgabe durch Ärzte.
Couchepin will mit dem geplanten Verbot Verschreibung und Abgabe entkoppeln und Fehlanreize korrigieren. „Wer Medikamente verschreibt, soll nicht Profit daraus schlagen können“, so der Minister. Nur in ländlichen Gebieten sollen Ausnahmen möglich sein. Bereits vor einem Jahr hatte Couchepins Ministerium das überproportionale Wachstum der Selbstdispensation als „eine beunruhigende Entwicklung und ein echtes Problem“ kritisiert.
Während die Apotheker den Plan begrüßen, proben die Ärzte den Aufstand und drohen mit einem Referendum. Erst vor knapp einem Jahr hatten sich bei einer Volksbefragung in den Städten Zürich und Winterthur 54 Prozent der Stimmberechtigten für eine Initiative „Ja zur Wahlfreiheit beim Medikamentenbezug“ der Ärztegesellschaft des Kantons Zürich ausgesprochen. Dies sollte dazu führen, dass Ärzte nicht nur auf dem Land, sondern auch in den Städten Arzneimittel abgeben dürfen.
Parallel zum Abgabeweg soll allerdings auch das Abgabehonorar geändert werden: Laut Gesetzesentwurf soll die Vertriebsmarge für rezeptpflichtige Arzneimittel von 15 auf 12 Prozent gesenkt werden; die Gesundheitskommission des Ständerats, die Vertretung der Kantone im Parlament, schlägt sogar eine Absenkung auf 8 Prozent vor.
Weitere Bestandteile des aktuellen Gesetzespakets sind Einschränkungen von geldwerten Vorteilen wie Warenboni, Reisen, Geschenken oder Gratismustern gegenüber Ärzten und Apothekern. Ärzte sollen zu einer transparenten Buchführung und zur Offenlegung von Beteiligungen an Unternehmen verpflichtet werden.
Außerdem sollen Kinderarzneimittel sicherer gemacht werden: Neben einem pädiatrischen Prüfkonzept und Anreizen zur Entwicklung von Kinderarzneimitteln ist der Aufbau einer Datenbank mit anonymisierten Informationen über die Anwendung von pädiatrischen Arzneimitteln geplant.