Das Hochwasser in Niederösterreich Mitte September hat die Tullnerfeld Apotheke besonders getroffen. Dabei wurde die Inhaberin quasi im Schlaf von den Wassermassen überrascht. Bis der Betrieb wieder voll aufgenommen werden konnte, dauert es etwas. Die Apothekerin zieht daraus nun Lehren für sich, die sie auch an andere gerne weitergeben möchte.
„Seit dieser Woche stehen wieder Autos am Parkplatz“, freut sich Inhaberin Dr. Katharina Schaufler. Ihre Tullnerfeld-Apotheke war vom Hochwasser Mitte September doppelt betroffen: zum einen musste der Betrieb eineinhalb Wochen geschlossen bleiben, um die gröbsten Sanierungen durchzuführen. Vieles wurde provisorisch repariert, die lädierten Holzregale etwa mit Blenden im unteren Bereich verkleidet.
Zum anderen liegt Schauflers Apotheke am Bahnhof Tullnerfeld – einem Pendlerknotenpunkt relativ abseits von städtischem Gebiet. Die Ost-West-Verbindung zwischen Wien und Linz konnte nur sehr eingeschränkt genutzt werden, da im ÖBB-Gleisbett durch das Hochwasser massive Schäden entstanden waren. Erst seit wenigen Tagen – also acht Wochen nach der Katastrophe – kann der Bahnhof wieder genutzt werden und damit auch wieder Betriebsamkeit in die Apotheke einziehen.
Diese ist mittlerweile wieder fast ganz funktionsfähig. Dass dem so ist, verdankt Schaufler der schnellen Unterstützung lokaler Handwerker, ihrer guten regionalen Vernetzung, aber auch dem Großhandel – und nicht zuletzt ihrem eigenen beherzten Reagieren.
Denn Schaufler war buchstäblich im Schlaf von den Wassermassen überrascht worden. „Es hatte bereits einige Tage stark geregnet und ich bekam die Meldung, dass der Strom in der Apotheke ausgefallen ist. Das Notstromaggregat war schnell angeschlossen, dann kam der Strom wieder, aber ich dachte mir, ich bleibe in der Apotheke, damit ich im Fall eines wiederholten Ausfalles vor Ort bin.“ Also packte die Apothekerin einige wichtige Dokumente zusammen, um das Unwetter in ihrem Nachtdienstzimmer auszusitzen.
Gegen Mitternacht legte sie sich ins Bett – und wurde um vier Uhr früh vom Notlicht geweckt. „Als ich munter wurde, war das ganze Zimmer unter Wasser. Meine Handtasche, die ich auf den Boden gestellt hatte, war nicht mehr zu sehen.“ 30 Zentimeter stand das Wasser zu diesem Zeitpunkt bereits in der gesamten Apotheke. Ab diesem Moment „schaltete mein Kopf um,“ erinnert sich die Apothekerin. „Ich habe nur noch funktioniert.“
Von diesem Moment an war sie täglich 12 bis 14 Stunden im Einsatz. Wenig Schlaf musste reichen. „Und trotzdem war ich nicht müde.“ Die Kühlware wurde umgehend in große Kühlboxen verstaut und beim Cousin untergebracht. Der ist nämlich Jäger und verfügt über einen Kühlraum. Vom Großhandel organisiert bekam Schaufler einen Container, der allerdings nicht gekühlt werden konnte. Deshalb organisierte sie vom Getränkegroßhändler einen Kühl-LKW, der an die Notstromversorgung angeschlossen wurde.
Generell war das Thema Strom eines der größten Probleme. Auch hier half schnell der lokale Elektriker mit Notstromleitungen. Was Schaufler aber heute weiß: im Katastrophenfall ist man auf das Handy angewiesen. „Ich habe praktisch zwei Tage nur durchtelefoniert.“ Auch dafür braucht man Strom. Mittlerweile verfügt die Apothekerin über eine Powerbank, mit der man das Handy fünf Mal vollladen kann.
Es kam aber nicht nur viel Hilfe aus der Bevölkerung. Schaufler wollte selbst möglichst schnell wieder für ihre Kundinnen und Kunden da sein. „Der Gedanke, wo die Leute jetzt ihre Medikamente herbekommen, ließ mich nicht schlafen.“ Denn die Apotheke fertigt einige spezielle Mischungen etwa für Insulinpumpen an. Sie erlebte dann auch viel Dankbarkeit, als sie die Apotheke wieder eröffnen können.
Der durch das Hochwasser entstandene Schaden ist enorm. Aktuell liegt die Schätzung bei 400.000 Euro. Aber „ich weiß ja nicht, was noch alles kaputt wird“, seufzt Schaufler. Denn einiges funktioniert zwar, macht aber Geräusche, die vor der Überschwemmung nicht zu vernehmen gewesen waren. Von der Versicherung wird nur ein Bruchteil bezahlt – und auch dieses Geld ist bisher noch nicht bei der Apothekerin angekommen. Die hofft nun auf den „Wohlfahrts- und Unterstützungsfond“.
Und wäre es noch nicht Unglück genug, hatte das Hochwasser zeitgleich mit der Apotheke auch Schauflers Privathaus bis zum Erdgeschoß geflutet. Dort übernahm die 22-jährige Tochter das Kommando über die Aufräumarbeiten. Bis heute laufen auch in den eigenen vier Wänden noch die Trocknungsgeräte – und verbreiten eine Lärmkulisse, die das Bewohnen aktuell unmöglich macht.
Wenn wieder einigermaßen Normalität in ihr Leben eingezogen ist, möchte Schaufler gerne in Zusammenarbeit mit der Apothekerkammer einen Notfallleitfaden für Apotheken erstellen. Denn es darf davon ausgegangen werden, dass das nächste Hochwasser nur eine Frage der Zeit ist. Die Apothekerin selbst hat bereits Maßnahmen ergriffen. So arbeitet die Apotheke nun unter anderem an einem mobilen Hochwasserschutz.
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