Keine Strohmänner mehr

Apotheker wollen Großhandel bändigen

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Berlin -

In Österreich haben Apothekerkammer und -verband dem Gesundheitsministerium einen Katalog mit Änderungswünschen zum Apothekengesetz vorgelegt. Ihr erklärtes Ziel: Die Macht des Großhandels auf die Apotheken brechen und Strohmannkonstrukten einen Riegel vorschieben. Es knirscht zwischen den Marktpartnern.

In Österreich ist Fremdbesitz verboten, allerdings sind Minderheitsbeteiligungen von bis zu 49 Prozent erlaubt. Bei rund 200 der insgesamt 1370 Apotheken in Österreich gibt es solche Konstruktionen; oft ist der Großhandel an Bord. Üblicherweise werden diese Apotheken als KG betrieben: Der Apotheker haftet als Komplementär, der Investor ist als Kommanditist am Kapital beteiligt.

Im Prinzip haben sich alle Beteiligten mit dieser Regelung arrangiert, gerade bei Neugründungen oder Übernahmen ist die finanzielle Hilfe durch den Großhandel willkommen. Alle Lieferanten spielen in mehr oder weniger großem Umfang mit: die ehemalige Genossenschaft Herba Chemosan, die heute zu McKesson gehört und mit einem Marktanteil von 45 Prozent führend ist, genauso wie Phoenix oder die Privatgroßhändler Jacoby GM, Kwizda, Pharmosan und Richter.

Weniger gern gesehen sind die Darlehen, Bürgschaften sowie Liefer- und Beraterverträge, mit denen die Großhändler versuchen, die Apotheken langfristig an sich zu binden. Die Beteiligung an der Apotheke ist da nur Mittel zum Zweck.

Und dann gibt es zuweilen Extremfälle. Zehn Jahre lang dürfen Apotheker in Österreich nämlich sogar 75 Prozent der Anteile an ihrer Apotheke in fremde Hände geben. Beim Verband weiß man von Betrieben, bei denen kurz vor Ablauf der Frist der Inhaber wechselte, der Großhändler als Mehrheitseigentümer aber derselbe blieb. Nicht selten seien es Pensionisten, die sich für solche Strohmannkonstrukte hergäben, heißt es.

Weil sich bei solchen Tendenzen das Fremd- und Mehrbesitzverbot irgendwann nicht mehr verteidigen lässt, haben sich die Apotheker in Österreich zu einer Vorwärtsbewegung entschieden: Sie haben dem Ministerium vorgeschlagen, künftig die Beteiligung Dritter an Apotheken auf 49 Prozent zu beschränken. Die Einstiegsklausel soll komplett gestrichen werden. Außerdem wird vorgeschlagen, den Marktanteil für die Großhändler zu beschränken, beispielsweise nicht mehr als Beteiligungen an 3 Prozent aller Apotheken in Österreich pro Unternehmen zuzulassen.

„Der Berufstand als freier Beruf würde auf Dauer verschwinden, wenn die Entwicklung in diesem Tempo weiter geht“, sagt Verbandschef Jürgen Rehak. Und dann fügt er noch hinzu, dass der Großhandel nicht der Feind, sondern der Partner der Apotheken sei und dass man sich im engen Austausch befinde. Erfreut sind die im Branchenverband Phago zusammengeschlossenen Vollsortimenter über den Vorstoß freilich nicht; man könnte auch sagen, die Stimmung ist auf einem Tiefpunkt. Eine weitere Einschränkung hätte gravierende Folgen für die Arzneimittelversorgung, so das Argument der Großhändler.

Im März wird sich zeigen, wer die bessere Lobby hat. Dann, so rechnen die Apotheker, könnte das Ministerium signalisieren, wohin die Reise geht. Im Mai wird mit einem ersten Entwurf gerechnet. Zumindest europarechtlich dürfte es keine Probleme geben: Als die Liberalisierung des ungarischen Apothekenmarktes nach nur wenigen Jahren zurückgedreht wurde, leitete die EU-Kommission aufgrund einer Beschwerde von Phoenix 2014 ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Doch das wurde 2017 eingestellt; seitdem muss sich der Konzern mit 49,9 Prozent zufrieden geben.

Einen großen Vorteil haben die Apotheker: Im vergangenen Sommer hatte die Bundeswettbewerbsbehörde in einem Gutachten die inhabergeführte Apotheke verteidigt. Beteiligungen an mehr Apotheken würden „bei der derzeitigen Struktur des Großhandels zu einer Verstärkung des Oligopols mit den damit verbundenen negativen Folgen führen“. Eine Aufhebung des Kumulierungs- und Fremdbesitzverbots ist deshalb nicht angezeigt. Allerdings wird eine Erweiterung der durch einen Apotheker zu führenden Filialapotheken empfohlen.“

Um nicht an weiteren Front unter Beschuss zu geraten, haben die Apotheker bewusst auf alles verzichtet, was die Interessen der dispensierenden Ärzte berühren könnte. Die haben in Österreich eine starke Lobby und schon so manches Vorhaben versenkt. Schon jetzt wird wieder der alte Vorschlag diskutiert, Heime künftig direkt vom Großhandel beliefern zu lassen.

Und einige Vorschläge zielen darauf ab, das Paket der Politik schmackhaft zu machen. So wollen die Apotheker die Versorgungssituation verbessern, indem sie sich – gegen Entgelt – zum Botendienst in dringenden Fällen verpflichten lassen. Auch die Öffnungszeiten sollen künftig stärker am Bedarf ausgerichtet werden, genauso wie der Notdienst. Und in unterversorgten Gegenden soll künftig drei statt nur der nächstgelegenen Apotheke erlaubt werden, eine Filiale zu errichten.

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