Apotheker warnen vor Medco-Monstrum Benjamin Rohrer, 26.07.2011 10:54 Uhr
In den USA laufen die selbstständigen Apotheker Sturm gegen die Übernahme des US-Gesundheitskonzerns Medco durch den Mitbewerber Express Scripts: Nach Ansicht der Pharmazeuten drohen durch den Zusammenschluss wesentliche Teile des ohnehin schon stark konsolidierten Marktes in die Hände eines Megakonzerns zu fallen. Die Apotheker fordern den Kongress und die Wettbewerbsbehörde auf, die Fusion der beiden Pharmacy Benefit Manager (PBM) zu verhindern.
PBM verhandeln als Makler für Krankenversicherungen und Arbeitgeber die Konditionen mit Pharmaherstellern und Apotheken; zudem rechnen die Konzerne die eingelösten Rezepte mit den Versicherern ab. Die meisten PBM sind vertikal integriert und betreiben eigene Versandapotheken oder sogar Apothekenketten.
Nach Ansicht der Apotheker nutzen die führenden PBM schon heute ihre unkontrollierte Macht, indem sie Verträge und Vergütung der Apotheken zu ihren Gunsten bestimmen. Auf diese Weise würde die Bedeutung der Apotheken für die Versorgung der Patienten untergraben.
Entsprechend groß ist die Sorge der unabhängigen Apotheker vor einer weiteren Vermachtung des Marktes: „In den vergangenen Jahren haben die großen PBM mehr als 370 Millionen US-Dollar bezahlen müssen, um Klagen wegen Betrugs abzuwehren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses 'Vorstrafenregister' anwächst, wenn die Fusion dieser beiden Monstren erlaubt wird“, warnte Douglas Hoey, Vizepräsident des Apothekerverbandes. Im selben Zeitraum seien die Gewinne der Konzerne um 400 Prozent angewachsen. „Dieses Level der Rentabilität ist für eigentliche 'Mittelsmänner' erstaunlich.“
Bei den Apothekern weckt die Megafusion Erinnerungen an den letzten großen Zusammenschluss in der Branche: Vor vier Jahren waren die Apothekenkette CVS und der PBM Caremark fusioniert. Damals hatten die Wettbewerbshüter Bedenken geäußert, weil sie die freie Apothekenwahl in Gefahr sahen: „Um die Zusage der Behörden zu bekommen, hatte CVS/Caremark versichert, nicht zu wissen, wo die Patienten letztendlich ihre Rezepte einlösen“, so Hoey. Inzwischen habe sich aber gezeigt, dass Patienten zur konzerneigenen Versandapotheke geleitet werden.
Medco und Express Scripts wickelten 2010 mehr als 1,1 Milliarden Rezepte im Jahr ab; CVS/Caremark kam auf rund 700 Millionen Rezepten. Im Versandhandel käme der neue Megakonzern auf einen Marktanteil von 59 Prozent, im Bereich der teuren Spezialarzneimittel auf 52 Prozent, warnen die unabhängigen Apotheker. „Gerade in diesem Bereich ist es für die Patientenversorgung und die Begrenzung der Arzneimittelausgaben sehr wichtig, dass es wirklichen Wettbewerb gibt“, so Hoey.
Der Apothekerverband vertritt die Interessen von rund 23.000 unabhängigen Pharmazeuten. Nach Angaben des Verbandes gehören derzeit 40 Prozent der rund 60.000 Apotheken keiner der großen Ketten an.