Apotheker verschweigt Abgabefehler APOTHEKE ADHOC, 16.09.2015 08:14 Uhr
Ein Apotheker in Neuseeland hat jetzt ein Problem: Er hat einen 79-Jährigen mit dem falschen Medikament versorgt. Anstelle des Immunsuppressivums, das der Mann wegen einer Nierentransplantation bekommen sollte, gab der Apotheker ein Chemotherapeutikum ab. Damit nicht genug, versuchte der Pharmazeut in der Folge, seinen Fehler zu verheimlichen. Das könnte ihn nun vor Gericht bringen.
Der Apotheker hatte dem Patienten im Oktober 2013 fälschlicherweise Cyclophosphamid 50 mg ausgehändigt anstatt Ciclosporin 50mg. Sein Pharmazieassistent hatte die Verpackungen offenbar verwechselt und das falsche Präparat zur Abgabe herausgesucht. Tatsächlich handelt es sich bei Cyclophosphamid um kleine pinkfarbene Tabletten in einer Flasche. Ciclosporin-Kapseln sind weiß, in Folie eingeschweißt und werden einer Pappschachtel abgegeben.
Der Apotheker bemerkte den Irrtum nicht, unterzeichnete die Bedienung des Folgerezept und gab das Präparat ab. Als der Patient einige Wochen später zu einer Routineuntersuchung in die Apotheke zurückkehrte, machte er den Apotheker darauf aufmerksam, dass sein Medikament anders ausgesehen habe als das, das er zuvor immer erhalten hatte.
Der Apotheker argumentierte, die pinken Tabletten seien ein Generikum. Die „neuen Tabletten“ seien aber inzwischen wieder außer Vertrieb gegangen, so dass der Patient wieder die ursprünglichen Kapseln nehmen solle. Der Mann ließ den Rest der Packung in der Apotheke. Eine spätere Prüfung ergab, dass er etwa 45 Tabletten genommen haben musste.
Im Anschluss an das Beratungsgespräch prüfte der Apotheker die Abgabe: Er erkannte, dass er selbst das falsche Mittel abgegeben hatte und das es auch nicht an der falschen Stelle im Regal gestanden hatte – keine Argumente also, um die Verantwortung abzuwenden. Stattdessen änderte er den Lagerbestand von Cyclophosphamid auf Null und ergänzte den Bestand von Ciclosporin um eins. Er füllte kein Formular aus und versäumte es auch, den Apothekeninhaber über den Fehler zu informieren.
Dass er seinem Chef nichts gesagt habe, habe daran gelegen, dass dieser zum Zeitpunkt des Geschehens nicht in der Apotheke war, rechtfertigte sich der Apotheker vor einem Untersuchungsausschuss. Als der Inhaber 20 Minuten später zurückkehrte, sei die Angelegenheit bereits in den Hinterkopf gerutscht gewesen. Es sei seine „feste Absicht“ gewesen, den Fehler bei nächster Gelegenheit auszuräumen, sobald er alle Informationen beisammen gehabt hätte.
Aber auch als der Apothekeninhaber bei einer Bestellung den veränderte Lagerbestand bemerkte, räumte der angestellte Apotheker den Abgabefehler nicht ein. Erst zwei Monate nach dem Vorfall konnte die Sache aufgeklärt werden: Der Patient bat um ein diskretes Gespräch mit dem Apothekeninhaber, zeigte ihm die übrigen Cyclophosphamid-Tabletten und berichtete, wie der Mitarbeiter argumentiert hatte. Der Apothekeninhaber versprach dem Patienten, den Fall zu prüfen.
Schlussendlich reichte der Sohn des Patienten Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde ein. Gegenüber der Behörde verteidigte sich der Apotheker, er habe alle abgegebenen Arzneimittel wie vorgeschrieben geprüft: „Ich habe jedes Etikett gelesen und den Inhalt jeder Flasche gecheckt, die aus der Bulkware für den Patienten abgefüllt wurde.“
Da beide Arzneimittel mit dem Präfix „Cyclo“ begannen und beide die Dosierung von 50 Milligramm aufwiesen, könne es sein, dass er die Namen nicht richtig gelesen habe. Genau könne er sich aber an den Vorfall nicht mehr erinnern.
Die neuseeländische Apothekerkammer wurde über den Vorfall informiert, auch die Pharmaceutical Society of New Zealand, das neuseeländische Gesundheitsministerium und einige Unterbehörden wurden in Kenntnis gesetzt. Die Aufsichtsbehörde prüft nun weitere rechtliche Schritte gegen den Apotheker.