Apothekern im Vereinigten Königreich geht es nicht viel besser als ihren Kollegen hierzulande: Eine Studie im Auftrag der britischen Apothekerkammer General Pharmaceutical Council (GPhC) ist zu dem Ergebnis gekommen, dass 17 von 33 Apotheken in den roten Zahlen stecken. Und auch die GPhC steht nicht viel besser da: Sie kann von den Kammerbeiträgen ihrer Mitglieder ihre laufenden Kosten nicht mehr decken und will deshalb die Kammerbeiträge erhöhen. Die Studie sollte ihr sagen, wie viel nötig wäre und welchen Einfluss das auf die Apotheken im Land hätte.
Der GPhC steckt in Schwierigkeiten. Pro Betriebsstätte verlangt er von seinen Mitgliedsapotheken jährlich 262 Pfund (311 Euro), um so seine regulatorischen Aktivitäten zu finanzieren. Außerdem müssen alle Approbierten und PTA einmal jährlich die „personal registration“ bei der Kammer durchlaufen und dabei einen Nachweis über ihre Qualifikationen erbringen. Auch dafür fällt ein Entgelt an.
„Jedoch haben bisher weder dieser Beitrag noch andere Einnahmequellen (zum Beispiel die personal registration) ausgereicht, um kostentragend zu arbeiten. Deshalb verzeichnet der GPhC in den beiden vergangenen Jahren wachsende Verluste und den Abfluss von Zahlungsmitteln“, so die Studienautoren der Unternehmensberatungsgesellschaft Ernst & Young (EY). „Obwohl die Regulierungskörperschaft versucht hat, seine Effizienz zu erhöhen, könnte eine Beitragserhöhung unumgänglich sein, um die Kosten für Regulierung und Überwachung zu decken.“
Erst zur Jahreswende hatte der GPhC deshalb die Beiträge von 241 auf die aktuellen 262 Pfund erhöht – doch das reicht ganz offensichtlich nicht aus, weswegen die Körperschaft Anfang Januar seine Vorstellung für die anliegende Erhöhung öffentlich machte: 103 Pfund mehr, eine Erhöhung um 40 Prozent. Dieser Betrag sei notwendig, um wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen – aber er muss auch zumutbar sein. Ob das so ist, sollte EY in dem Gutachten feststellen.
Dazu hat die Unternehmensberatung versucht, einen möglichst repräsentativen Querschnitt der 14.313 Apotheken im Vereinigten Königreich abzubilden. Sie hat vier Kategorien identifiziert, in die sich britische Apotheken einteilen lassen: Filialen großer Ketten (mehr als neun Filialen), mittelgroßer Ketten (zwei bis neun Filialen) und zwei Kategorien inhabergeführter Apotheken, nämlich jene in „isolierter Lage“ – also beispielsweise auf dem Land – sowie jene in „nicht isolierter Lage“. Demnach sind 3311 Apotheken inhabergeführt, alle anderen gehören zu einer Kette. Aus jeder Kategorie wurden mittels eines computergestützten Zufallsverfahrens Apotheken Apotheken in paritätischer Verteilung ausgesucht und schließlich deren Finanzen ausgewertet. Hinzu kamen mehrere Versandapotheken, die ebenfalls untersucht wurden.
Die Ergebnisse haben selbst Branchenkenner in Großbritannien erschrocken: „Mit 52 Prozent der von uns untersuchten Betriebe in der Verlustzone weist die Branche eine erhebliche Fragilität auf“, so EY. Dies sei auch auf ein „herausforderndes Umfeld“ zurückzuführen, inklusive Veränderungen der Vergütung, einer Verringerung Arzneimittelerstattung und erhöhter Steuern auf Gewerbeflächen.
Wäre eine Erhöhung der Beiträge um 40 Prozent also unzumutbar? Mitnichten. Denn der durchschnittliche Verlust der Apotheken beträgt mehr als das Hundertfache der geplanten Erhöhung um 103 Pfund. „Zukünftige Beitragserhöhungen hätten keinen erheblichen Einfluss auf das finanzielle Ergebnis haben, da die Summe weniger als 1 Prozent des durchschnittlichen Gewinns oder Verlustes der untersuchten Betriebe darstellt“, so EY. Wohlbemerkt: Auch die drei untersuchten Versandapotheken waren allesamt tief im Minus. Deshalb soll es im Oktober 2020 so weit sein, kündigte der GPhC an. Vom Verband, der National Pharmacy Association (NPA) kam umgehend Kontra: Eine solche Erhöhung könne der Verband nicht mittragen. „Der GPhC sagt, er müsse seine Kosten decken“, so ein Sprecher. „Aber Apothekeninhaber müssen sich fragen, ob die Kammer genauso hart an ihrer Effizienz arbeitet, wie die Apotheken.“
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