Kanada

Apotheker-Klinik: Beratung mit Termin

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Berlin -

Während Apotheker hierzulande mit Bürokratie, Krankenkassen und Retaxationen zu kämpfen haben, sieht es bei Kollegen im Ausland anders aus. Sie haben viel mehr Freiheiten in der Selbstmedikation, dürfen impfen und sind auch als Stationsapotheker gern gesehen. Einen weiteren Schritt geht Kanada mit der Gründung einer „Apotheker-Klinik“. Eine Fernreise zu den Kollegen in Vancouver.

60 Minuten Erstberatung mit Termin, respektvolle Zusammenarbeit mit Ärzten und glückliche Patienten: So lässt sich der Alltag von kanadischen Pharmazeuten in der Apotheker-Klinik in etwa beschreiben, die sich montags bis freitags von 9 Uhr bis 16.30 Uhr für eine Optimierung der Patientenversorgung einsetzen. Die sogenannte „Pharmacists Clinic“ am Campus Vancouver ist an die Pharmazeutische Fakultät der University of British Columbia (UBC) angeschlossen und die erste von Apothekern geführte Klinik.

Es gibt neun Räume, von denen fünf Beratungsräume sind und ausgestattet mit Dingen, die das Apothekerherz höher schlagen lassen: elektronische Krankenakten und Apothekensoftware, Untersuchungstisch, Blutdruckmessgerät, Stethoskop sowie Labordiagnostika. Da dort auch Pharmaziestudenten angelernt werden, sind audiovisuelle Geräte für Lehrzwecke vorhanden. Angehende Apotheker werden in der Klinik praxisnah und erfahrungsorientiert ausgebildet.

Patienten erhalten im Beratungsraum eine persönliche, telefonische oder telemedizinische pharmazeutische Beratung mit einem Fachapotheker, der mit dem behandelnden Arzt zusammenarbeitet, um tatsächliche oder potenzielle Arzneimittelprobleme zu identifizieren und zu lösen. Dazu gehören beispielsweise Beratung zu Wechsel- und Nebenwirkungen, Allergien, Compliance-Problemen, suboptimalen medikamentöse Therapieergebnissen und zu patientenindividuellen patholophysiologischen Gesundheitszuständen.

Auch werden kürzlich aus dem Krankenhaus entlassene Patienten betreut. Die Apotheker dürfen auch die gängigen Routineimpfungen für Patienten ab fünf Jahren verabreichen. Arzneimittel werden nicht abgegeben. Nach der Beratung erhalten der Patient und der Arzt evidenzbasierte Empfehlungen zur medikamentösen Therapie sowie detaillierte Nachfolgepläne.

Im Rahmen der Beratung führen die Pharmazeuten einen Medikationscheck durch. Die Betroffenen sollen so mithilfe der Apotheker einen optimalen Nutzen aus ihrer Arzneimitteltherapie ziehen können. Zuvor muss allerdings ein Beratungstermin mit dem Apotheker vereinbart werden. Der erste Termin dauert normalerweise 60 Minuten, nachfolgende Termine etwa 30 bis 60 Minuten – je nach Umfang der zu besprechenden Themen.

Ärzte, Apotheker und anderen Mitglieder des Gesundheitswesens können die Patienten in die Klinik überweisen. Die Patienten können aber auch selbst nach einem Termin anfragen. Den bisherigen Zahlen zufolge wurden 64 Prozent der Patienten von Ärzten überwiesen.

Die Apotheker-Klinik bietet zwei Betreuungsmodelle an. Bei erste Modell wird der Patient von einem Apotheker betreut, der sich in der Klinik befindet. Beim zweiten Modell, auch „co-lokales Modell“ genannt, werden die Patienten von einem Apotheker in der Arztpraxis betreut. Die Klinik hat im Jahr 2013 die Toren geöffnet. Seit dem haben 8660 Patienten das Angebot der pharmazeutischen Betreuung in Anspruch genommen. 68 Prozent von ihnen bevorzugten die Beratung vor Ort in der Klinik, die restlichen 32 Prozent nutzten das Angebot der Betreuung in der Arztpraxis.

Die Dienstleistungen sind für Patienten und Ärzte kostenlos. Die Finanzierung teilen sich das Gesundheitsministerium und die Pharmazeutische Fakultät. Für Patienten fallen nur Kosten an, wenn sie außerhalb des Leistungskatalogs des Programms liegende Dienstleistungen, beispielsweise spezielle Impfungen, wünschen.

Die Möglichkeiten als Apotheker im Ausland sind vielfältig und oft ist der Berufsalltag auswärts freier gestaltet. Möglicherweise werden die Grundlagen dafür schon im Studium gelegt: Deutsche Universitäten legen bei der Lehre den Fokus auf Chemie, währenddessen zum Beispiel in Kanada die Klinische Pharmazie, Pharmakotherapie und die Praxisausbildung im Mittelpunkt stehen.

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