Italien

Apotheker: Hungerstreik gegen Monti

, Uhr
Berlin -

In Italien wächst der Widerstand gegen die von der Regierung beschlossene Neuordnung des Apothekenmarktes. Aus Protest gegen die Ausgliederung von mehr als 3000 verschreibungspflichtigen, nicht erstattungsfähigen Medikamenten aus der Apothekenpflicht  ist ein Apotheker aus dem norditalienischen Udine in den Hungerstreik getreten – und in seine Apotheke gezogen. Auch in der Politik gibt es immer mehr Kritiker.

 

„Ich kann es nicht tolerieren, dass man versucht, meine Arbeit so stark zu beeinträchtigen, während es in unserem Land Steuerhinterziehung und Korruption im Überdruss gibt“, sagt Apotheker Federico Montoro. Am vergangenen Sonntag hatte Montoro seinen Protest begonnen, nach sechs Tagen war allerdings erst einmal Schluss: „Ich musste aufhören, weil es mir sehr schlecht ging.“

Um seinen Kunden den Ernst der Lage zu demonstrieren, hat der Apotheker sich nun in seiner Offizin häuslich eingerichtet: „Seit einigen Tagen schlafe ich in der Apotheke“, sagt Montoro. „Die Kunden unterstützen mich in meiner Aktion, bringen mir Essen und wünschen mir Glück.“ Auch mehrere Kollegen aus dem ganzen Land hätten sich bei ihm gemeldet und ihn zur Weiterführung seines Ein-Mann-Protestes motiviert.

Der Apothekerverband hat an alle 16.000 Apotheken Italiens Flyer geschickt, die die Pharmazeuten an die Kunden weiterreichen sollen. Der Verband warnt vor einem massiven Apothekensterben und sammelt Unterschriften: „Die Apotheken gehen unter – und die Regierung kümmert es nicht“, heißt es in der Mitteilung.

Ob die Hilferufe von Montoro und dem Apothekerverband in Rom ankommen, ist fraglich: Zwar wurden inzwischen mehr als 70 Änderungsanträge bezüglich der Neuregelungen für den Apothekenmarkt eingereicht. Die gesamte Fraktion „Popolo della Libertà“ des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sowie die separatistische Partei „Lega Nord“ beantragen etwa die komplette Streichung des Passus.

Im Moment scheint es allerdings wahrscheinlich, dass die Technokraten-Regierung unter Mario Monti das als Notdekret beschlossene Sparpaket unverändert lässt – und es bei der Parlamentsabstimmung an eine Vertrauensfrage bindet. Weil ein erneuter Regierungswechsel unvorstellbar ist, wären die Abgeordneten quasi gezwungen, dem Kurs von Monti zu folgen.

Ganz gleich, wie das Parlament morgen abstimmt – für Montoro steht fest: „Auf diesem Weg können wir Italien nicht retten, sondern fallen unweigerlich in einen Abgrund. Das betrifft nicht nur die Apotheken, sondern ganz Italien.“

 

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen
Berlin: Deshalb hakt's beim Cannabisanbau
Medizinische Dienstleistungen
Medbase: Apotheken sollen Praxen entlasten
Mehr aus Ressort
„Apothekenmodell nicht mehr nachhaltig“
Walgreens will 25 Prozent seiner US-Filialen schließen

APOTHEKE ADHOC Debatte