Apotheker: Generalstreik gegen Monti Benjamin Rohrer, 23.01.2012 15:13 Uhr
Italiens Apothekern reicht es: Weil die italienische Regierung innerhalb eines Monats das zweite Liberalisierungsgesetz beschlossen hat, wollen die Pharmazeuten im gesamten Land am 1. Februar streiken. Am Wochenende hatte das Kabinett um Ministerpräsident Mario Monti ein weiteres Maßnahmenpaket für den Apothekenmarkt verabschiedet, mit dem die Apothekenzahl um etwa ein Drittel erhöht werden soll. Kleine Apotheken auf dem Land sollen zudem durch Stadtapotheken subventioniert werden. Außerdem will Monti Inhabern großer Apotheken Quoten für die Einstellungen von Pharmazeuten vorgeben.
Bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die Bedarfsplanung gelockert werden soll. Alle Regionen sollen innerhalb der nächsten vier Monate eine Sonderausschreibung starten, mit der 5000 neue Apotheken eröffnet werden könnten. Alleine dadurch könnte die Apothekenanzahl von derzeit 18.000 auf bis zu 25.000 ansteigen, schätzt der Apothekerverband. Die Apothekendichte würde damit von derzeit 3300 auf etwa 2400 Einwohner pro Apotheke steigen.
Damit es hauptsächlich in ländlichen Regionen zu Neugründungen kommt, ist in dem vom Kabinett bereits beschlossenen Dekret vorgesehen, dass Stadtapotheken einen prozentualen Anteil ihres Umsatzes an einen nationalen Fonds zahlen. Apotheker in Ortschaften mit weniger als 1000 Einwohnern sollen die Gelder zur Verfügung gestellt werden. Wie hoch die Abgaben sein sollen und welche Apotheken in die „Geberliste“ kommen, steht derzeit noch nicht fest. In Italien sind Landapotheken unbeliebt: Derzeit gibt es rund 840 ausgeschriebene Standorte, auf die sich seit Jahren keine Pharmazeuten bewerben.
Doch für die Besitzer großer Apotheken war es das noch nicht: Je nach Rx-Umsatz sollen die Inhaber umsatzstarker Apotheken außerdem verpflichtet werden, eine bestimmte Anzahl von Approbierten einzustellen. Insbesondere im Süden will die Regierung damit die Arbeitslosigkeit von Akademikern bekämpfen. In Abstimmung mit den Regionen soll das Gesundheitsministerium die Umsatzgrenzen und die Anzahl der einzustellenden Pharmazeuten festlegen.
Insbesondere durch die neuen Regelungen zur Bedarfsplanung und den Ausschreibungen fühlen sich die Apotheker bedroht: Eine außerordentliche Generalversammlung des Verbandes hat am Wochenende daher den Streik beschlossen.
Letzte Hoffnung der Apotheker ist die Diskussion des Dekrets im Parlament: Beim ersten Liberalisierungsgesetz, mit dem viele nicht erstattungsfähige Arzneimittel aus der Apothekenpflicht entlassen wurden, hatte sich vor allem die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi für die Apotheker eingesetzt. Die Entlassung vieler verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus der Apotheke konnte mit den Änderungsanträgen des „Popolo della Libertà“ in letzter Minute verhindert werden.