Das Projekt e-Medikation, bei dem österreichische Apotheker und Ärzte über Datenbanken die Arzneimittel von Patienten einsehen konnten, sorgt auch nach dem Abschluss weiter für Ärger zwischen Pharmazeuten und Medizinern. Während die Apotheker die sofortige Einführung des Systems fordern, wollen die Ärzte auf die Bremse treten. Sie sehen „schwere Mängel“ und einen „starken Verbesserungsbedarf“.
Bis Ende 2011 könnten Ärzte sämtliche Rx- sowie ausgewählte OTC-Präparate einsehen, die Apotheker dagegen alle Arzneimittel; so sollten mögliche Doppelverordnungen oder Wechselwirkungen erkannt werden. Schon im Vorfeld hatte es erbitterten Streit darüber gegeben, wer welche Daten einsehen darf.
Im vergangenen Sommer gab es erneut Ärger: Die Ärzte forderten den sofortigen Stopp und reichten deshalb sogar eine Beschwerde bei der EU-Kommission ein. Die Mediziner kritisierten die Auswahl der Softwarefimen – diese sei von der Sozialversicherung, die das Projekt leitet, indirekt den Apothekern überlassen worden.
Nun geht der Streit in eine neue Runde. Anlass ist die wissenschaftliche Auswertung: Experten der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) und der privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik (UMIT) sprechen sich grundsätzlich für den Roll-Out in der Alpenrepublik aus, fordern aber Nachbesserungen, etwa bei der Benutzerfreundlichkeit der Software. Von April bis Dezember 2011 wurden bei rund 13.800 Abgaben 10.560 Wechselwirkungen – darunter 110 schwere Fälle – gemeldet, außerdem gab es 2300 Duplikatswarnungen.
Für die Apotheker ist die Sache klar: Damit die Wechselwirkungen flächendeckend vermieden werden können, müsse die e-Medikation sofort umgesetzt werden, so Heinrich Burggasser, Präsident der österreichischen Apothekerkammer. Notfalls auch ohne die anderen Parteien.
Die Ärzte dagegen bezweifeln den Mehrwert der Interaktionschecks. Bei trivialen Wechselwirkungen sei es in den Praxen zu „blockadeartigen Zuständen“ im System gekommen, kritisiert die Ärztekammer. Zwar sei eine Übersicht über die bestehenden Medikamente eines Patienten hilfreich. Weitere Informationen hätten aber nur „'sekundären' Informationscharakter“.
Bei der Sozialversicherung rechnet man für Ende 2013 mit einem Start des Roll-Outs. Zunächst müssten die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, so ein Sprecher. Darin könnten auch die Teilnahmeverpflichtungen geregelt werden. Die Wissenschaftler, die das Projekt auswerteten, fordern Wahlfreiheit für die Patienten – für die Gesundheitseinrichtungen und die Berufsgruppen dagegen sollte die Beteiligung obligatorisch sein.
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